Der junge Siegfried
Auf der Burg zu Xanten am Rhein herrschte Siegmund, ein König im Niederland (Gebiet am Niederrhein, nicht „die Niederlande“). Seine Frau Sieglinde war gebar ihm einen Knaben, den sie Siegfried nannten. Schnell wuchs er heran und erfreute seinen Vater, der in ihm schon einen zukünftigen Helden sah, mit seinem trotzigen Wesen. Seine Mutter Sieglinde aber sorgte sich, denn der junge Siegfried träumte nur von Kampf und Gefahr, achtete kaum auf die sanften Lehren seiner Mutter und war am glücklichsten, wenn er sich herum tummeln und seine Kraft erproben konnte. Wenn der Vater mit seinen Rittern in den Kampf und die Fehde zog, drängte Siegfried, ihn begleiten zu dürfen, doch warnte ihn sein Vater Siegmund, er sei noch zu klein und müsse die Zeit abwarten. Das verdross Siegfried sehr, denn er fühlte die Kraft in seinen Armen und den Mut in seiner Seele und immer lockte es ihn in die Ferne, wo die blauen Berge ihre Häupter in die Wolken hoben.
Bild 99: Ein Ritter zog mit seinem Pferd und zwei Hunden in den „Kampf mit dem Drachen“ von Ludwig Richter. Genau wie auf diesem Bild wurde die Vorstellung über den Lindwurm aus den Nibelungen weit in das Mittelalter und darüber hinaus getragen und schlug sich in Gestalt von Drachen in vielen Schriften nieder. Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ludwig_Richter_003_-_Der_Kampf_mit_dem_Drachen.jpg
Siegfried geht von Burg Xanten
Seinen Trotz konnten weder die Strenge des Vaters noch die Bitten der Mutter bändigen, und so verließ der junge Siegfried eines Morgens in der Frühe die Burg von Xanten und zog frohen Mutes der aufgehenden Sonne entgegen. Er folgte dem Strom des Rheines über Berge und durch Wälder und hielt sich nicht lange in Burgen oder Städten auf. Sein Ziel waren die dunklen Berge. Am dritten Tag seiner Reise stieß er auf den mächtigen Bergforst am Rhein, das Siebengebirge. Ohne zu zögern marschierte Siegfried in das Dunkel des Waldes hinein. Sein Stock half ihm durch Gestrüpp und Gebüsch, über Felsenschlünde und Wasserfälle.
Siegfried gelangt zur Schmiede
Als die Sonne aber hoch am Himmel stand und er noch keinen Ausweg aus dem Dickicht gefunden hatte, war er doch froh, hoch über den Eichen eine Rauchsäule aufsteigen zu sehen. Dem Rauch folgend, hörte er bald kräftige Hammerschläge aus den Tiefen einer Felsenkluft entsteigen. Es erfreute ihn, die Funken aus dem Felsen sprühen und das Feuer auf der Esse auflodern zu sehen. Beeindruckt von diesem Bild, wollte er auch Schmied werden und betrat mit diesem Wunsch die Schmiede. Da lachten die Gesellen, als die den bartlosen Jüngling stehen sahen und zur weiteren Unterhaltung auf Siegfrieds Kosten sprach Meister Mimer, dessen Waffen von vielen Kämpfen gepriesen wurden, er möge eintreten und einmal versuchen zu schmieden. Man reichte den wuchtigen Hammer an Siegfried weiter, doch als dieser anfing zu hämmern, sprühten die Funken in hohen Bogen durch die Werkstatt, so dass den Gesellen das Lachen im Halse stecken blieb. Der Meister wollte diese Kraftdemonstration unterbinden aber Siegfried hämmerte mit solcher Kraft weiter, dass der Amboss in den lehmigen Boden fuhr. Als der Meister und seine Gesellen Siegfried am Hämmern hindern wollten, warf er sie alle nacheinander zu Boden, dass ihnen das Aufstehen schwer zu schaffen machte.
Siegfried wird in den Wald zum Lindwurm geschickt
Der junge Siegfried blieb in der Schmiede, wo selbst die stärkste Eisenstange seinem Schlag nicht widerstehen konnte und noch so mancher Amboss in den Boden fuhr. Meister Mimer wollte den Jüngling loswerden, er fragte sich nur, wie? Schließlich entschloss er sich, ihn tief in den dunklen Wald zu senden, wo ein gefährlicher Lindwurm hauste, um Siegfried so ein elendes Ende zu bescheren: „Geh mir im Wald Kohlen brennen,“ sprach eines Abends der Meister zum Jüngling, „mach dich morgen vor Sonnenaufgang bereit, denn wir benötigen sie dringend. Die Stelle findest du, wenn du die schönsten Eichen und Buchen blühen siehst, in der Nähe vom Rhein, am höchsten Felsen.“ Siegfried tat, wie der Meister befohlen hatte. An besagter Stelle angekommen schlug er Eichen- und Buchenstämme, und waren sie noch so hart, unter lautem Krachen zu Kleinholz. Schon wenig später hatte er seine Arbeit verrichtet und angeschnürt, um sich dann unter dem Laubdach einer Linde nieder zu lassen und von der erledigten Arbeit auszuruhen.
Bild 100: Der Lindwurm ruht in seiner Höhle mit einem Menschenschädel in den Krallen. Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ring41.jpg
Der Kampf mit dem Lindwurm
Kaum zur Ruhe gekommen ließ ihn zuerst ein ungewöhnliches Krachen im Walde aufhorchen, worauf ohne Vorwarnung der Lindwurm auf ihn los schoss. Das Gebiss bestückt mit Zähnen so groß wie Dolche schnappte ins Leere, als sich Siegfried reflexartig zur Seite warf. Voller Wut peitschte der Lindwurm mit seinem Schwanz umher und fällte eine Eiche mit nur einem Hieb. Siegfried hob blitzschnell einen Baumstamm auf, ließ ihn auf den Kopf des Drachens niederschnellen und betäubte so das Ungeheuer für eine kurze Zeit. Siegfried schaut um sich und fand einen Zahn des Ungeheuers neben dem mannshohen Kopfe liegen. Er hob den messerscharfen Zahn auf, als der Lindwurm unbemerkt seine Augen wieder öffnete und Siegfried grimmig mit seinem Blick fixierte. Der Lindwurm öffnete sein Maul und hob den Kopf zum letzten Biss, als Siegfried sich auf den Boden warf, unter dem weit aufgerissenen Maul hindurch schlüpfte und mit einer Armbewegung die Kehle des Drachens durchschnitt. Wie von Sinnen polterte der Lindwurm los, als Siegfried sich noch auf seinen Hals schwingen konnte. Die dröhnenden Schmerzensrufe des Lindwurmes verstummten, als Siegfried den Drachenzahn durch dessen Schädel schlug und somit seinen Höllenritt auf dem Ungeheuer beendete.
Bild 101: Siegfried kämpft mit dem Lindwurm und bohrt ihm seinen Dolch in den Bauch. Quelle
Unsäglich strömte das Blut aus der Wunde. Siegfried kostete das Blut des Drachens. Unter der Linde spürte Siegfried noch die letzten Herzschläge des Lindwurms verstummen, als er das Singen einer Nachtigall aus den Wipfeln des Baumes vernahm:
„Wer badet sich im Drachen-Born,
Dess’ Leib wird fest, dess’ Haut wird Horn,
Ge’n jede Waff’ ist er gefeit,
Ge’n jede Fahr und jedes Leid.“
Siegfried badet im Drachenblut
Der Jüngling legte sein Gewand ab und badete sich im Blut des Drachen, das sich unter dem Felsvorsprung in einer Kuhle gesammelt hatte, doch ein Blatt der Linde fiel auf seine rechte Schulter und verhinderte, dass an diese Stelle das Drachenblut gelangte. So wurde er am ganzen Leib hörnern außer an der Stelle, wo das Lindenblatt gelegen war.
Als er nun fertig war, sammelte er seine Arbeit ein, riss dem Lindwurm den Kopf ab und machte sich getrost wieder auf den Weg zur Schmiede. Doch erschraken die Gesellen, als sie ihn aus dem Wald nahen sahen: „Meister, Meister,“ schrieen sie, „jung Siegfried hat den Drachen erschlagen, jetzt Gnade uns Gott!“ Meister Mimer wollte listig dem jungen Gesellen entgegen gehen und ihn mit freundlichen Worten empfangen, der schlug ihn aber zu Boden, so dass er nie wieder davon genesen konnte ebenso wie all die anderen Gesellen, die sich in der Schmiede verkrochen hatten.
Weitere Abenteuer warten
Voll Lebensmut schürte der junge Siegfried das Feuer auf der Esse und schlug mit starker Faust und dem härtesten Stahl und Eisen ein wuchtiges Schwert und einen Brustpanzer, einen Schild und einen Helm, wie es Ritter trugen und zog dann fort, um neue Abenteuer zu suchen.
Quellen:
- Reumont, Alfred von (Hrsg.): Rheinlands Sagen, Geschichten und Legenden. S. 385-388. Verlag von Friedrich Konen. Köln und Aachen, 1837.
- Scherr, Johannes: Die Nibelungen – in Prosa übersetzt und erläutert. 2. Auflage. Verlag von Otto Wiegand. Leipzig, 1862.
Lass ihm sterben und wieder auferstehen.
ichund meine Freundin sollen die geschichte zu ende schreiben habt ihr eine Idee