Schlimme Zustände unter Chlodwigs Nachfolgern
Ich will euch nicht ermüden mit der Schilderung der wilden Kriege, die Chlodwichs Söhne und ihre Nachkommen gegen einander führten; aber einige Beispiele der unmenschlichen Grausamkeiten, die sie bisweilen selbst an ihren nächsten Verwandten ausübten, kann ich euch doch nicht verschweigen.
Chlodewich hatte 4 Söhne: Chlothar I., Theuderich I., Childebert I. und Chlodomer. Chlodewichs Sohn Chlodomer hatte 3 Söhne, die als Prinzen berechtigt gewesen wären, den Thron zu besteigen. Als Chlodomer im Krieg umkam, befanden sich seine zwei ältesten Söhne unter der Aufsicht ihrer Großmutter, Chlotilde, in Paris. Das Königreich hätte von Rechts wegen nach seinem Tode den beiden Prinzen gehört, von denen der eine zehn, der andere sieben Jahre alt war.
Aber Chlodewichs Brüder dachten, was brauchen die Knaben Könige zu werden? Eine Mönchskutte wird ihnen weit besser stehen als der Purpurmantel, und in einer Klosterzelle sitzen sie weit ruhiger, als auf dem Throne.
Chlothar und seine Brüder wollten nun die Erbansprüche der jungen Prinzen ausschalten, indem sie sie in ein Kloster steckten, denn Mönche konnten nicht regieren. So wollten sie das gesamte Reich unter ihrer Hand behalten.
Chlothar tötet die Prinzen
Sogleich eilte Chlothar, so hieß der eine Oheim (Bruder der Mutter) der Prinzen, nach Paris, wohin ihn sein Bruder Childebert berufen hatte. Sie ließen sich die Prinzen ausliefern, unter dem Vorwand, sie wollten ihnen huldigen lassen. Kaum waren sie aber in ihren Händen, so schickten sie an Mutter Chlotilde eine Schere und ein bloßes Schwert, und ließen ihr die Wahl, ob sie ihre Enkel lieber getötet, oder zu Mönchen geschoren wissen wollte. Überrascht durch diesen schändlichen Antrag, wusste sie nicht, was sie sprach: Ach, lieber sterben, schrie sie in der ersten Bewegung, als lebenslang in einem Kloster eingesperrt sein!
Kaum hatte man dem Unmenschen Chlothar ihre Antwort hinterbracht, so riss er grimmig den ältern Prinzen zur Erde nieder, zog ein Messer hervor und erstach ihn. Der jüngere siebenjährige Bruder, der es mit ansah, schrie und weinte bitterlich; er warf sich nieder vor des andern Oheims Füße, umklammerte sie mit seinen kleinen Armen und bat flehentlich, dass er ihn doch nicht auch möchte tot stechen lassen. Die Angst des Kindes, und die Tränen, die ihm über die Wangen rollten, rührten Childebert; er wollte ihn am Leben erhalten; allein der grausame Bruder ergriff den weinenden Knaben bei den Haaren, riss ihn los von den Knien, die er umfaßt hielt, und bohrte ihm unerbittlich das Messer in die Brust.
Der Unmensch Chlothar
Childebert starb einige Zeit nachher. Chlothar nahm Besitz von dessen Königreiche, und vertrieb die Witwe und Tochter desselben, von allem entblößt, aus dem Lande.
Einer seiner eigenen Söhne empörte sich wider den gefühllosen Vater. Es kam zu einem Treffen. Der Sohn wurde gefangen. Chlothar ließ ihn mit Frau und Kindern in eine Hütte einschließen und lebendig verbrennen.
Ein so teuflischer Wüterich war Chlothar, der Sohn Chlodewichs, des ersten Königs der Franken. Er überlebte alle seine Brüder und Neffen, und vereinigte das gesamte Frankreich unter sich 558, starb aber schon 41 Jahre alt 561.
Chlothar II. tötet Brunhild
Brunhild, eine westgothische Prinzessin, war die Gemahlin Siegberts, eines Sohns dieses Chlothar. Nach dem Tode ihres Mannes wurde sie Regentin von Austrasien, und führte für ihren Sohn und später für ihre Enkel, in Austrasien und Burgund, das nach Guntram’s Tod (598) mit Austrasien vereinigt wurde, die Regierung. Sie besaß sehr viel Geist, zugleich aber auch so viel Bosheit, dass ihr Schuld gegeben wurde, es hätten durch ihre Ränke, und auf ihr Anstiften, zehn Könige oder Königssöhne das Leben verloren. Am Ende kam sie in die Gewalt eines von ihren Vettern, des Königs von Soissons, Chlothar ll., den sie um einen Teil seiner Länder gebracht hatte, und nun vernehmt, wie er sie für ihre Untaten bestrafte.
Drei Tage lang ließ er sie auf alle erdenkliche Art martern, doch so, dass sie nicht ganz getötet wurde; halb tot ließ er sie sodann auf einem Kamele vor dem ganzen Heere herum führen, dann an den Schwanz eines wilden Pferdes angebunden, über Stock und Stein hinreißen, und endlich, weil immer noch ein Funken Leben in ihr war, sie vollends verbrennen (613). Er vereinigte hierauf das ganze Frankreich unter sich.
Schlusssatz
Solche Blutmenschen waren Chlothar der erste und Chlothar der zweite. Aber auch die übrige Familie schien nicht viel besser. Man liest da von Brüdern, die sich einander ermordeten, von Bruderskindern, die mit dem Kopfe an die Wand geschleudert wurden, dass das Gehirn herum spritzte, von hundert andern Untaten, die Grauen und Abscheu erregen. – Genug davon.
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