Die Anfänge des Christentums

Die ersten Christen

Die Geschichte des Christentums beginnt natürlich mit dem Ereignis, ohne das diese Religion in ihren Anfängen sich vielleicht sofort wieder aufgelöst hätte: mit den Reisen der Apostel, besonders des paulus. Seine Reisen endeten in Rom, wo Paulus den Blutzeugentod fand, und erreichten dort auch den Gipfelpunkt. Sein Nebenbuhler, der stets schwankende Petrus, hat sich von ihm ohne Versöhnung getrennt und verschwindet von da an aus der Geschichte in die Legende, in deren Zuge er an die Spitze der römischen Bischöfe gestellt wurde. Auch kein anderer Apostel hat die Verdienste des Paulus erreichen können.

Seine Verdienste endeten dann in der ersten Christenverfolgung unter Nero, die sich noch auf Rom beschränkte. Unter Domitian dehnte sich die Christenverfolgung über die Mauern Roms aus. Das Christentum wurde als Hochverrat abgestempelt. Obwohl die Bekenner zum Christentum zu dieser Zeit fast nur dem niederen Volk und meist dem weiblichen Geschlecht angehörten, sahen sowohl Juden als auch Heiden Vorteile darin, die Christen anzufeinden. Verbreitet waren sie am Ende des 1. Jahrhunderts bereits über das ganze oströmische Reich. Im weströmischen Reich ging ihre Verbreitung nicht über Italien hinaus.

Inhalt

Glaube und Leben der ersten Christen

Der Geist der ersten Christengemeinden war, der Art und Zeit ihrer Entstehung entsprechend, mystisch (dunklen Fragen geneigt) und ekstatisch (zu religiöser Erregung gesteigert). Die Vorstellung vom Heiligen Geist, der ursprünglich bloß eine Kraft oder Eigenschaft Gottes war, wurde allmählich zur Vorstellung eines besonderen, aber Gott untergeordneten, Wesens erhoben. Der gekreuzigte und auferstandene Christus verdrängte schon früh jeden Gedanken, soweit es solche noch gab, an andere leidende und sterbende göttliche Erlöser, auch weil die Apostel nur von ihm sprachen.

Christus wurde zwar noch nicht als mit Gott gleiches Wesen betrachtet, doch immerhin als göttliches Wesen gefeiert, als ein gewaltiger Held im Geist, der bald wiederkehren und nach dem Ende der Welt ein neues Reich Gottes errichten werde. Die gewesenen Juden feierten ihn als Messias, die gewesenen Heiden als Sohn Gottes, eine ihnen geläufige Idee. Doch verschmolzen beide Teile bald zu einem Ganzen, dessen Leben nach dem Beispiel der Apostel rein und keusch war, und zwar in dem Grad, dass die Ehe gering geachtet und die Jungfräulichkeit als der heiligste Zustand gepriesen, die Welt aber als Inbegriff alles Bösen im Gegensatz zu Gott gedacht wurde. Die Armen und Kranken wurden treu gepflegt, wozu Diener (Diakone) bestellt wurden. Älteste (Presbyter, daher auch Priester) leiteten das Ganze; in Griechenland hießen sie Aufseher (episkopoi, daher auch Bischöfe).

In Asien hegten sieben Gemeinden nach den apokalyptischen Schriften den Glauben an ihnen geoffenbarte Engel oder Genien. Zu weiblichen Handreichungen standen Diakonissen bereit, zur Beaufsichtigung der Töchter Presbyterinnen oder Witwen. Die Gemeinden waren unabhängig und standen nur in geistiger Verbindung miteinander; einen Ehrenrang als Mittelpunkt bekleidete die Gemeinde von Jerusalem. Aufnahme Suchende wurden gern aufgenommen, Unwürdige ausgeschlossen. Den Kult in den Gemeinden bildeten Gebet, Psalmengesang und Vorlesen aus der heiligen Schrift (d. h. damals noch dem Alten Testament) und „Reden in Zungen“, d. h. nach eigener und mittelbarer „Erleuchtung“. Die Taufe wurde bloß im Namen Jesu vollzogen, das Liebesmahl in beiderlei Gestalt gespendet, und zwar am Abend. Die Griechen begannen, statt des Sabbats, den Sonntag (weil Auferstehungstag) zu feiern.

Christenverfolgungen und Ansehen

Gewissermaßen als Vorspiel der nahenden Christenverfolgungen wurde die Vernichtung der Juden als Volk ins Werk gesetzt. Die Römer unterschieden wenig oder gar nicht zwischen Juden und Christen. Das heidnische Volk des römischen Reiches verlangte auch die Vernichtung der Christen, denn mit der Abgötterei ließ sich viel Geld verdienen.

Man nannte die Christen Atheisten (d. h. Leugner der Götter) und beschuldigte sie nicht nur der Verschwörung gegen das Reich, sondern, aus gewolltem Missverständnis des Genusses von Leib und Blut Jesu, der Menschenopfer und Menschenfresserei! Für die Gebildeten war der neue Glaube ein toller Wahn. Dass die Christen Kriegsund Staatsdienste mieden, verschlimmerte ihre Lage noch mehr. Unter dem sonst so gütigen, aber streng altrömischen Kaiser Trajan (98-117) fanden harte Verfolgungen derjenigen Christen statt, die nicht vom Glauben abfielen, was jedoch Viele taten. Hervorragende Presbyter wurden gekreuzigt oder verbrannt oder zum Zweck des Abfalls vom Glauben gefoltert. Tausende bluteten in den Amphitheatern. Mal wurde unter den nächsten Kaisern die Verfolgung ausgesetzt, mal wieder neu aufgenommen. Von 200 – 250 etwa trat Gleichgültigkeit oder Ermüdung in der Verfolgung ein. Ja, mehrere Kaiserfrauen und schließlich Alexander Severus (222 – 235) ehrten das Bild des „Gottes Christos“. Sein Mörder Maximus der Thraker gab das Zeichen zu neuem Blutvergießen, das unter Decius (249 – 251) zu einem Aufflammen im ganzen Römischen Reich wurde, und auch Valerian (253 – 260) fuhr damit fort. Sein Nachfolger Gallienus war klüger; er anerkannte die trotz allem stark angewachsene Kirche als Körperschaft und es folgte eine Zeit der Ruhe und Duldung.

Ganz abseits der Verfolgung standen im 3. Jahrhundert die Gelehrten und höher Gebildeten, deren edlere Denker sich in der neuplatonischen Schule zusammenfanden, deren bedeutendster Führer Plotinos war. Dem Christentum standen sie freundlich gegenüber, aber sie fanden es nicht auf der Höhe der Zeit und der Philosophie, obwohl sie wie die Christen ideale Schwärmer waren, ja sogar Neigung zu wahnvollen Richtungen wie Mantik, Magie und Mythendeutung zeigten. Eine Zeit lang schien es, als ob der Neuplatonismus dem Christentum den Sieg streitig machen könnte; denn er stand im ganzen Römischen Reich bei den gebildeten Nichtchristen in hohem Ansehen. Aber ihm fehlte Kraft, Entschiedenheit und Einigkeit, und so kam es anders.

Es war unter dem edlen Mark Aurel (161 – 180), der sich trotzdem den Christen nicht gütig zeigte, als in Folge ihres starken Anwachsens die heidnischen Schriftsteller Texte gegen die Christen verfassten.

Der Rhetor Fronto begann sie zu schmähen und das Verfahren gegen sie zu rechtfertigen, der Grieche Lukianos aus Samosata griff sie in Satiren an und verspottete ihre Schwärmerei. Gründlicher verfuhr Celsus, von dessen Schrift „Das wahre Wort“ nur Bruchstücke erhalten sind, und zwar durch die Entgegnung des Kirchenvaters Origenes (um 180). Des Celsus Worte zeugen von Sachkenntnis und Liebe zur Gerechtigkeit. Er tadelte den blinden Glauben der Christen, wies nach, dass im Heidentum ähnliche Ansichten schon vorhanden seien, wie z. B. die Jungfrauengeburt. Auch das Alte Testament bezog er in seine Kritik ein, geißelte dessen Unwissenheit und anstößige Stellen und wunderte sich, dass auch die Christen daran hingen und Prophezeiungen daraus auf sich bezogen. Dann deckte er die Widersprüche im Verfahren Gottes nach dem Neuen Testament auf, bestritt die Auferstehung, die keine Zeugen habe, und so noch Vieles. Andere Widersacher bezeugten durch ihre Schriften, dass sie, was sie angriffen, nicht kannten.

Die weitere Entwicklung des Christentums

Der Kampf gegen die Unterdrückung. Anhänger des Christentums.

Die christlichen Schriftsteller, Kirchenväter genannt, waren aber nicht nachlässig in der Verteidigung ihres Glaubens.

Tertullian und Origenes zogen scharf gegen das Heidentum zu Felde und ihre Schriften und die Schriften Anderer, wenn auch nicht frei von Verteidigung der unglaublichsten Mythen, zeugen doch von hoher Begeisterung für ihren Glauben.

Während des zweiten Jahrhunderts hatte sich das Christentum im Morgenland weit über die grenzen des römischen Reiches, in einzelnen Gemeinden bis nach Arabien, Persien und Indien verbreitet, in Nordafrika, Spanien und Gallien ausgedehnte Geltung gefunden und selbst in Britannien angefangen, sich anzusiedeln.

In allen Klassen der Gesellschaft fand es Anhänger. Dagegen befand es sich während des dritten Jahrhunderts noch in der Minderheit, besaß aber größere Macht als das zerfahrene Heidentum. Dies missfiel dem tüchtigen Kaiser Diokletian (284 – 305), der für altrömische Größe begeistert war und deren Untergang durch den neuen Glauben voraussah. Eine antichristliche Partei am Hofe hatte es daher leicht, im Jahre 303 eine neue, die letzte, Christenverfolgung in Szene zu setzen. Der Kaiser befahl, alle christlichen Kirchen zu zerstören und die heiligen Schriften zu vernichten. Dieses Wüten gegen die Christen beschränkte sich aber beinahe auf den Osten; im Westen übte der Cäsar (Mitregent) Constantius Chlorus ein milderes Verfahren. Sein Sohn Konstantin und dessen Mitregent Licinius machten 312 der Verfolgung der Christen ein Ende und gewährten den Christen volle Glaubensfreiheit. Ihr Todesmut hatte seine Wirkung getan und die Zahl der Märtyrer, die allerdings von der Legende stark übertrieben worden ist, schreckte von weiteren Blutbädern ab.

Bis zur Mitte des zweiten Jahrhunderts hatten die Christen keine andere heilige Schrift als das Alte Testament. Die Aufnahme des Neuen Testaments als Kanon knüpft sich an den Namen des Marcion aus Sinope (gestorben um 170); er war der erste Urheber eines Kanons. Die Kirchengeschichte lehrt, dass über die Heiligkeit der vier Evangelien und der Briefe des Paulus unter den Gemeinden längere Zeit verschiedene Ansichten walteten. Nichtsdestoweniger wurden die Schriften des Neuen Testaments als vom Heiligen Geist eingegeben geachtet. Auch Übersetzungen in die Landessprachen, besonders syrische im Osten, lateinische im Westen, galten als Grundlage des Glaubens. So entwickelte sich auch, als Zusammenfassung der Lehrüberlieferung, aus dem Taufbekenntnis, in einzelnen Formeln noch schwankend, das geheim gehaltene apostolische Symbolum zur Glaubensregel, als die es heute noch geachtet wird. Eine Menge apokryphischer Schriften, Evangelien, Homilien, Briefe, Apokalypsen usw. wurden, nicht ohne auseinander gehende Meinungen, von der Heiligkeit ausgeschieden, was alles nicht ohne rein menschliche Willkür zu Stande kam.

Verschiedene Glaubensrichtungen und Ansichten des Christentums

Wie es nicht anders möglich ist unter Menschen, entstanden auch in Glaubensansichten wesentliche Verschiedenheiten, und diejenigen, die schließlich siegten, verdankten ihre Oberhand natürlich wieder rein menschlichen Standpunkten, während ihr Sieg dem heiligen Geist zugeschrieben wurde.

Am meisten machten von sich reden die Gnostiker (von gnosis = Erkenntnis), d. h. Leute, die über die Religion nachdachten und sich über den blinden Glauben des Volkes zu erheben versuchten. Im Ganzen setzten sie einen jenseitigen Gott einer ungöttlichen Materie oder nach persischer Art ein Reich des Guten und eines des Bösen einander entgegen und nahmen ein göttliches Mittelwesen an, durch das sich die verborgene Gottheit offenbarte, durch dessen Zusammentreffen mit der Materie die Welt entstand und das durch sein Eintreten in die Geschichten den Menschen Erlösung brachte. Als Schöpfer wurde es Demiurgos (Baumeister) genannt. Die Gnostiker teilten sich wieder in mehrere Sekten, zu deren Stiftern auch der schon genannte Marcion gehörte.

Die Bedeutung der Gnostiker liegt darin, dass sie das Christentum schärfer vom Judentum trennten und Kunst wie Wissenschaft in die Kirche einführten (Hase), sie haben aber auch mit unhaltbaren Fantasien deren Geschichte getrübt.

Aber auch unter den strengen Christen tauchten verschiedene Schulen auf, eine asiatische (Irenäus und Hippolytus), eine afrikanische (Tertullian und Cyprian), eine alexandrische (Clemens und Origenes), deren Unterschiede uns zu weit führen würden.

Am längsten und für die Nachwelt am wichtigsten stritten sich Schulen und Sekten um die Frage: Wer ist Christus? Die, die ihn für einen bloßen Menschen, aber doch für jungfräulich geboren hielten, nannte man Monarchianer, weil sie nur einen Gott anerkannten. Sie zerfielen in mehrere Abarten, die alle gleich spitzfindig und willkürlich waren und von denen mal die eine, mal die andere als ketzerisch erklärt wurde. Diese Abarten vermehrten sich fortwährend; jede wollte die allein rechtgläubige sein, doch gelangte keine zu allgemeiner Geltung. Im dritten Jahrhundert erklärte Sabellius, Presbyter in Ptolemäos (250 – 260), die drei Personen, Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist, als eine Einheit dieser Offenbarungen. Schließlich behauptete Paulus von Samosata, Bischof von Antiochia, dass Jesus durch den Heiligen Geist als Mensch erzeugt sei, mit dem sich der nur in Gott persönliche Logos verbunden habe, so dass eine allmähliche Vergottung (theopoiesis) eingetreten sei; er wurde aber 269 entsetzt. Damit war auch die sabellianische Ansicht verdammt und die Monarchianer waren abgetan.

Wurde auch die Ehe von der Kirche geweiht, so machte sich doch der durch die Apostel genährte asketische (büßerische, die Natur unterdrückende) Geist so sehr geltend, dass eine zweite Ehe verpönt wurde, Jungfrauen sich entschlossen diesem Stand treu zu bleiben und in Ägypten fromme Männer als Einsiedler zu leben begannen. In Phrygien entstand die Sekte der Montanisten, welche die Sittenstrenge auf die höchste Spitze trieb und das tausendjährige Reich verkündete. Obschon rechtgläubig, wurden sie (um 170) von den asiatischen Bischöfen aus der Kirche ausgeschlossen, verbreiteten sich aber dennoch auch über Süd- und Westeuropa. Eine ähnliche, aber mildere Richtung vertraten die Novatianer in Nordafrika.

Die Etablierung des Christentums

Synoden, Erlasse und Ordensregeln

Viel folgenreicher und dauernder als in diesen Sekten offenbarte sich der asketische Geist in den Bestrebungen, die Ehelosigkeit zur kirchlichen Einrichtung zu erheben. Schon versuchten Erlasse von Synoden die Verheiratung der Geistlichen zu verhindern, fanden aber immer mehr Widerspruch als Befolgung. Pafnutius, selbst ein strenger Asket, verteidigte die Priesterehe offen, und die trullanische Synode erlaubte sie dem niederen Klerus, nicht aber den Bischöfen. Anhänger des Zölibates dagegen schritten von den Einsiedeleien zu deren Erweiterung, indem mehrere Eremiten sich zu Klöstern verbanden, was Pachomius (gestorben 345) in Ägypten begann und was sich dann rasch im Morgenland verbreitete.

Das Abendland folgte erst später nach, führte aber diese Anstalten zu weit höherer Entwicklung. Der erste Kloster- und Ordensstifter war hier Benedictus, der 529 das berühmte Monte Cassino in Süditalien gründete. Der Orden der Benediktiner hat sich große Verdienste im Anbau des Landes sowie zeitweise in künstlerischen und gelehrten Bestrebungen in ganz Mittel- und Westeuropa erworben. Seine milde Regel genügte aber strengen Asketen nicht. Es tauchten in diesem Geiste neue Orden, wie die der Zisterzienser, Prämonstratenser, Augustiner und viele andere auf, die aber oft wieder von der strengen Regel abwichen. In entsprechender Weise entstanden auch weibliche Klöster und Orden, deren Nonnen gleich den Mönchen verschiedene Gestalt und Wechsel der Lebensart durchmachten.

Herausbildung der Kunst und der Kirche

Im 3. Jahrhundert entwickelte sich die christliche Kunst; es entstanden die christlichen Sinnbilder des Kreuzes, des Lammes, der Palme, des Weinstockes usw. Ihre erste Stätte hatten sie in den römischen Katakomben, in denen sich die Gläubigen zur Zeit der Verfolgungen versammelten und auch in Nischen bestattet wurden.

In der Kirchenverfassung machte sich um dieselbe Zeit eine Obergewalt der Aufseher (Bischöfe) über die Priester (Presbyter) geltend, von denen mehrere zu ihrem anfänglichen Missfallen je einem (ihnen ursprünglich gleichstehenden) Bischof unterstellt wurden. Ähnliches geschah später den Bischöfen selbst, von denen mehrere je einem Metropoliten (Erzbischof) untergeordnet wurden. Diese obersten Geistlichen erlangten das Recht, Synoden zu berufen und zu leiten, die Bischöfe ihrer Provinzen zu bestätigen und zu weihen. Schließlich wurde die christliche Welt in Patriarchate geteilt, deren Vorsteher in Alexandria, Antiochia und Rom saßen, zu denen später noch das Patriarchat von Konstantinopel kam.

Es ist Sache der Weltgeschichte, zu berichten, wie Konstantin der Große (noch bevor er ein blutiger Tyrann wurde) das Christentum zur herrschenden Religion im römischen Reich erhob.

Dasselbe gilt von dem merkwürdigen Versuch des Nachfolgers der Söhne Konstantins, des vom Christentum nicht befriedigten Julian (360 bis 363), ein Heidentum seiner eigenen Erfindung (Neuplatonismus mit Sonnendienst) an dessen Stelle zu setzen, das mit seinem frühen Tod im Perserkrieg wieder zusammenbrach und nun endgültig tot war, nachdem es in heldenmütigem Kampf gefallen war.

Eine neue Lehre stellte der Presbyter Arius in Alexandria auf, nämlich die, dass der Sohn einst durch den göttlichen Willen aus Nichts geschaffen, vorzeitliches Geschöpf und Welterlöser, von der höchsten Naturbegabung zur höchsten Entwicklung gelangt, also nicht wahrhaft Gott, obwohl Gott zu nennen und anzubeten sei.

Die ersten Katholiken

Ihm entgegen lehrte sein Bischof Alexander (seit 318), dass der Logos von Ewigkeit her aus dem Wesen des Vaters erzeugt und daher ihm gleich sei. Der Bischof siegte, Arius wurde entsetzt und ausgestoßen. Die Zahl der Anhänger seiner Lehre wuchs aber. Da berief der noch heidnische Kaiser Konstantin ein Konzil nach Nikäa (325), dem 250 Bischöfe, fast alle aus dem Morgenland, beiwohnten. Auf Verlangen des Kaisers beschloss die Mehrheit, dass der Sohn dem Wesen des Vaters gleich sei. Arius wurde verurteilt und verbannt und seine Schriften verbrannt. Aber seine Partei bestand fort. Da trat Athanasius an die Spitze der Gegner, die sich fortan Katholiken nannten. Der Kaiser aber wandte sich den Arianern zu, Athanasius wurde entsetzt und verbannt. Arius starb plötzlich; aber Eusebius, Bischof von Konstantinopel, trat an seine Stelle und verfocht die Wesensähnlichkeit (Homoiusie) gegenüber der Wesensgleichheit (Homousie) Gottes und Christi.

Das Morgenland und später sämtliche Germanen bekannten sich als Arianer; das romanische Abendland stand zu Athanasius. Beide Parteien hielten besondere Synoden ab und ihre Ansichten entzweiten auch die feindlichen Söhne Konstantins. Die Arianer wurden entschiedener und verwarfen geradezu die Göttlichkeit Christi. Endlich machte Kaiser Theodosius I. dem Streit ein vorläufiges Ende; er berief 381 ein Konzil nach Konstantinopel, zu dem nur auserwählte Bischöfe zugelassen wurden, die dann die Beschlüsse von Nikäa bestätigten und dahin erweiterten, dass der Heilige Geist dem Sohn gleichgestellt und beide mit Gott dem Vater zu dem „spekulativen Begriff“ der Trinität, als der Dreiheit der göttlichen Personen in der Einheit des göttlichen Wesens, verbunden wurden. Die noch zahlreich vorhandenen Heiden, sagt Hase, spotteten über den „arithmetischen Gott“!

Die großen Kirchenväter

Es sind noch die Kirchenväter des 4. Jahrhunderts, die weitaus größten aller, nachzuholen. Die beiden Gregore von Nazianz und Nyssa wurden von Hieronymos aus Dalmatien (um 340 bis 420) weit überstrahlt. Dieser war erst Einsiedler, dann Priester und Lehrer in Rom, dessen Unsitten und Scheinchristen er scharf geißelte. Von ihm ist die lateinische Übersetzung der Bibel, Vulgata genannt. Sein größerer Zeitgenosse Augustinus, ein Afrikaner (354 – 430), durch seine Bekehrung von Ketzerei und wildem Leben zur Frömmigkeit und seine freimütigen „Bekenntnisse“ bedeutend, seit 395 Bischof von Hippo, bekämpfte in edler Sprache die Häresien, zu denen seine Lehre von der Gnadenwahl heute gehört, war gerecht gegen die heidnische Philosophie und wagte es, das Jenseits und das letzte Gericht in seiner „Civitas Dei“ (Reich Gottes) farbenglühend zu schildern. Sein Bekehrer, Bischof Ambrosius von Mailand (340 – 397) bekämpfte die Arianer heftig und war der Vater der christlichen Tonkunst. Begeisters besang der Spanier Prudentius (348 – 410) die christlichen Märtyrer.

Die Zeit selbst dieser großen Kirchenväter war nicht frei von theologischen Streitigkeiten innerhalb der Kirche, ja sogar von heftigen Aufwallungen des Glaubenswahns. So musste Synesius aus Kyrene, der seine Verehrung für die heidnisch gebliebene Lehrerin der Philosophie in Alexandria, Hypatia mit christlicher Gesinnung zu verbinden wusste, eine Richtung aufkommen sehen, die alle griechische Bildung und selbst den längst toten Origenes verketzerte. So wurde Johannes, genannt Chrysostomus, durch den Eiferer Theophilus wegen seiner Abneigung gegen die herrschende menschliche Vorstellung Gottes (Anthropomorphismus) 404 angeklagt und aus Byzanz verbannt. Pelagius und Cölestius, Mönche aus der Bretagne, die für die Freiheit des Willens eintraten, wurden von Augustinus und Hieronymus angefeindet, und dieser Streit ging durch ein Jahrhundert hin. So stritt man sich auch über die Doppelnatur Christi und ohne Ende über alles mögliche.

Am schlimmsten aber erging es bis dahin dem adligen, reichen und gelehrten Spanier Priscillianus, der eine Partei um sich sammelte, in der gnostische und manichäische Gedanken laut wurden, die aber auch asketisches Leben übte. Sie wurden im Jahre 380 von einer Synode in Cäsaraugusta (Saragossa) verdammt. Priscillian wurde nach Trier gebracht und dort 385 hingerichtet. Das war der erste Ketzermord in der christlichen Kirche, die nicht ein Jahrhundert vorher noch unterdrückt war. Jetzt hatte sie selbst zu unterdrücken begonnen und sollte das noch in gesteigertem Maße fortsetzen.

Quelle:

  • Henne am Rhyn, Dr. Otto. Illustrierte Religions- und Sittengeschichte aller Zeiten und Völker. Stuttgart: Strecker & Schröder, 1911.
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