Wendenkreuzzug

1147 führten sächsische, dänische und polnische Fürsten einen Kreuzzug, gegen die Wenden. Wenden sind heute meist unter dem Begriff Elbslawen bekannt und bewohnten im Mittelalter vorrangig Nord- und Ostdeutschland. Dieser Kreuzzug war quasi eine Unterbewegung des Zweiten Kreuzzuges. Als Gründe für diese Auseinandersetzung werden Verwirklichungen von Ideologien, religiöse Beweggründe, aber auch politische Gründe wie zum Bespiel Machterweiterungen, Kolonisierung oder Herrschaftsansprüche angegeben.

Erster Aufruf zum Wendenkreuzzug

Bereits 1107 bzw. 1108, während des Ersten Kreuzzuges, wurde der Gedanke laut, das Gebiet der Wenden zu übernehmen. Als Grund dafür wurde das Christentum genannt, das vor Überfällen, der heidnischen Völker, nicht mehr sicher war. Man wollte das heidnische Volk nicht bekehren, sondern zur totalen Unterwerfung zwingen. Adalgot von Magdeburg rief damals zum Verteidigungskrieg auf, um das christliche Volk zu schützen. Er fordert darin die Christianisierung der Slawen, sowie die Rückgewinnung derer Gebiete. Doch dieser Aufruf wurde nie weiter verfolgt und fand keinerlei Anklang.

Vorgeschichte

Erst gute 40 Jahre später keimt der Gedanke eines Wendekreuzzuges wieder auf. Zwar werden auch religiöse Beweggründe für diese Auseinandersetzung genannt, doch es ist unwahrscheinlich, dass dies ein ausschlaggebender Punkt war. Die christlichen und heidnischen Gebiete waren strikt getrennt und zur damaligen Zeit gab es keine Pläne für eine Missionierung, also eine Christianisierung, in diesem Gebiet. Viel wichtiger schien die Herrschaftsstabilität zu sein. Während die deutsche Herrschaft immer stärker wurde, bröckelte die der Slawen immer mehr. Doch den Deutschen war Stabilität in ihren Grenzgebieten wichtig.

Als 1127 Heinrich von Alt-Lübeck, der Herrscher des Nakonidenreiches gestürzt wurde, kam es zu einer großen Instabilität. Die slawischen Herrscher im Umkreis änderten dadurch ihre Politik und so kam es 1137 dazu, dass die Abodriten in Segeberg einfielen. Trotz weiterer Abkommen und Bündnisse zwischen den deutschen und slawischen Herrschern, wurde die Situation immer angespannter.
Das Christentum hatte durch den Ersten Kreuzzug Kraft geschöpft und fühlte sich den heidnischen Völkern gegenüber stark überlegen. Und trotzdem kämpften die heidnischen Gegner stark gegen eine Missionierung an. Der Ruf des Christentums wurde geschwächt, in dem man es mit Sklaverei und Fremdbestimmung gleichstellte.
Aber auch die geografischen Bedürfnisse verlagerten sich. Durch die Abkommen und Bündnisse der Grenzstaaten gab es relativ lange Friedenszeiten, die einen deutlichen Bevölkerungswachstum mit sich brachten. Somit benötigte man mehr Siedlungs- und Herrschaftsgebiete.

Während den Reichstagen zu Speyer 1146 und zu Frankfurt 1147 wurde der Zweite Kreuzzug beschlossen. Doch die Sachsen verweigerten ihre Teilnahme daran, da dies ihre Grenzen bedrohen würde. Sie waren sich sicher, dass die Slawen dies sofort ausnutzen würden. Deshalb einigte man sich darauf, dass die sächsischen Fürsten nicht am Kreuzzug nach Palästina teilnehmen, sondern stattdessen gegen die Wenden antraten, um diese Bedrohung endgültig zu eliminieren.
Bernhard von Clairvaux verfasste im März 1147 einen Aufruf zum Wendenkreuzzug, in dem er die Auslöschung des gesamten Wendenvolkes zur Zielsetzung machte. Papst Eugen III veröffentlichte im April 1147 ebenfalls einen solchen Aufruf, eine Bulle. Allerdings forderte er lediglich die Bekehrung der Wenden. Es heißt, dass Bernhard von Clairvaux den Spruch „Tod oder Taufe“ verwendete. Allerdings muss dies nicht automatisch heißen, dass er wirklich den Tod der Menschen damit forderte. Viel wahrscheinlicher ist es, dass dies als Metapher für den Tod einer Herrschaftsordnung steht. Schließlich würde eine Ermordung nicht zum damaligen Kirchenbild passen, das deutlich besagte, dass eine Glaubenskonvertierung freiwillig stattfinden musste.

Die Heere unter Heinrich dem Löwen, Albrecht dem Bären und Bernhard von Clairvaux

Es sollte zwei Heere geben, die ins Wendengebiet vordrangen. Eines unter der Führung Heinrich dem Löwen und eines unter Albrecht dem Bären. Doch auch Bernhard von Clairvaux brach mit einer kleinen Truppe ins slawische Gebiet ein.
Bernhards Truppe versammelte sich als erstes und stieß ins Gebiet der Abodriten vor. Ebenso wie das Heer unter Heinrich, das etwa drei bis vier Wochen später dort einfiel. Etwa zur selben Zeit stieß Albrecht mit seinem Heer ins Heveller- und Luitizengebiet vor.
Bernhard von Clairvaux hatte nur eine kleine Truppe zur Verfügung und fällt daher kaum ins Gewicht. Die Heere von Heinrich des Löwen und Albrecht dem Bären hingegen waren groß und mächtig. Wobei Albrecht sogar noch fast doppelt so viele Leute zur Verfügung gehabt haben soll, wie Heinrich.

Es ist deutlich, warum ausgerechnet Heinrich und Albrecht aktiv an diesem Wendenkreuzzug teilnahmen. Neben innerpolitischen Vorteilen, brachte es ihnen auch territoriale Vorzüge, wenn sie die Wenden besiegten. Heinrich zum Beispiel wirkte im Gebiet nördlich der Elbe, wo er Besitz- und Herrschaftsansprüche stellte. Albrecht hingegen agierte südlich der Elbe, wo er seine Ansprüche stellt. Die beiden hatten demnach mehr Vorteile, durch den Wendenkreuzzug, als durch eine Teilnahme am Zweiten Kreuzzug im Orient. Beide konnten ihre Herrschafts- und Machtbereiche deutlich ausbauen.

Verlauf des Wendenkreuzzuges

Während die sächsischen Heere ihren Angriff geplant und dazu aufgerufen hatten, hatten auch die Slawen von diesen Aktionen erfahren und ergriffen Gegenmaßnahmen. Niklot, der die Abodriten führte und im Wendenland tätig war, in dem Heinrich der Löwe einfiel, traf diverse Vorkehrungen. Niklot hatte einen Freundschaftsvertrag mit Adolf von Holstein und hoffte auf dessen Unterstützung. Doch der blieb seinen deutschen Wurzeln treu und lehnte eine Unterstützung der slawischen Gegner ab. Er wollte nicht einmal versuchen Heinrich umzustimmen. Damit kündigte Niklot den Freundschaftsvertrag und gewehrte keine Sicherheiten mehr. Lediglich eine Warnung, vor möglichen Angriffen, sicherte er dem deutschen Fürsten zu. Nikolet führte einen Überraschungsoffensive durch, bei der er Adolf zwar wie versprochen warnte, ihn aber dann doch so überrollte, dass dieser keine Chance auf Gegenwehr hatte. Erst Tage später hatte Adolf seine Truppen formiert. Die Nachricht, dass die Slawen den Krieg begonnen hatten, verbreitete sich wie ein Lauffeuer.

Das Heer unter Heinrich dem Löwen belagerte von nördlicher Seite aus die Burg Dobin. Während der Belagerung schlossen sich auch dänische Heere an, die die Belagerung unterstützten. Man geht davon aus, dass Verhandlungen zu einer Einigung, also einer Taufe geführt haben, die dann auch die Freilassung von Gefangenen nach sich zog.

Albrecht der Bär zog durch das Gebiet der Liutizen und Pomeranen, zerstörte heidnische Heiligtümer und besetzte die Festung Demmin, sowie Stettin. Dabei soll es allerdings auch zu hohen Verlusten auf deutscher Seite gekommen sein. Es kam zu Verhandlungen, zu denen allerdings keinerlei Details bekannt sind. Fakt ist nur, dass es zum Gelöbnis des christlichen Glaubens kam.

Die deutschen Heere waren den slawischen so überlegen, dass die Wenden sich nur im Hinterhalt hielten und den offenen Kampf bestmöglich vermieden. Die Wenden argumentierten, dass sie bereits durch Otto von Bamberg missioniert wurden und somit längst dem Christentum angehörten. So schafften sie es, dass man Friedensverlandlungen führte und nach einer diplomatischen und vor allem friedlichen Lösung suchte.
Zeitgleich kamen die Ranen den Abodriten zur Hilfe und verjagten die dänischen Truppen. Auch die polnischen Truppen waren den Slawen scheinbar unterlegen und richteten sich gegen die Deutschen.

Doch auch innerhalb der deutschen Heere soll es zu Kontroversen gekommen sein. Es heißt, dass es nicht gern gesehen war, dass Ritter und Fürsten, normalen Kreuzfahrern gegenüber standen und auf gleichen Positionen kämpften. Doch im Grunde gab es Konflikte zwischen alle Beteiligten. Hauptgrund dabei war die Behandlung der Slawen. Einige waren der Meinung, dass man zu milde mit ihnen umging und es heißt sogar, dass viele gewarnt oder entkommen gelassen wurden. Die Schuld dafür gab man den Heeresführern Heinrich und Albrecht, die man beschuldigte den Kreuzzug nicht ernst zu nehmen und nur ihre eigenen Vorteile zu sehen.

Folgen des Wendekreuzzuges

Es gibt verschiedene Sichtweisen, mit denen man die Folgen des Kreuzzuges gegen die Wenden zu betrachten. Die Quellen sind ziemlich parteiisch verfasst worden, da es meist Geistliche waren, die darüber berichteten. Und selbstverständlich waren diese enttäuscht vom Ausgang des Kreuzzuges. Zwar kam es zur Glaubenskonvertierung, doch die geschah meist nicht aus Überzeugung, sondern aus Verzweiflung und Furcht. Dementsprechend wurden die Taufen nicht sonderlich ernst genommen.

Und dennoch gab es auf der kirchenpolitischen Ebene große Erfolge zu vermelden. So wurden zum Beispiel Bistümer zurück erobert und wieder eröffnet und es wurden auch weitere Bistümer gegründet. Um die Missionierungsarbeit voranzutreiben, wurden ebenfalls Kirchen und Klöster errichtet. Des Weiteren setzte man christliche Grundlagen fest, die dem heidnischen Glauben ein Ende setzten. Heidnische Heiligtümer wurden zerstört, heidnische Rituale wurden untersagt und die Slawen wurden gezwungen ihre Toten auf Friedhöfen zu bestatten und an Festtagen an Messen teilzunehmen.

Auf weltlichpolitischer Ebene gab es ebenfalls Erfolge. So konnten die sächsischen Fürsten deutlich ihre Macht demonstrieren und ihre Herrschaftsansprüche verwirklichen. Besonders Heinrich der Löwe, der sogar Tributzahlungen von slawischen Fürsten erhielt, konnte seine Machtansprüche im Laufe der Zeit durchsetzen und gilt als großer Gewinner des Wendenkreuzzuges. Ebenso wie sein Mitstreiter Albrecht der Bär, von dem allerdings weniger Details überliefert wurden, bei dem aber ähnliche Gewinne zu vermuten sind. Beide führten in der Zukunft eine offensive und direkte Politik gegenüber den Slawen und anderen Grenzgebieten. Darüber hinaus siedelten sich auch in den neu gewonnenen Gebieten mehr und mehr Deutsche, besonders Bauern, an, die die Landwirtschaft ankurbelten.

Quelle:

  • Keßler, Reinhard: Der Wendenkreuzzug – Legaler Seitentrieb der Kreuzzugsbewegung oder ideologisch verbrämtes Expansionsstreben?, GRIN Verlag, München 2007, S. 2-12
  • Kahl, Hans-Dietrich: Wie kam es 1147 zum „Wendenkreuzzug“?, in: Klaus-Detlev Grothusen, Klaus Zernack (Hrsg.): Europa Slavica – Europa Orientalis. Festschrift für Herbert Ludat zum 70. Geburtstag. Duncker & Humblot, Berlin 1980, S. 286-296

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