Der Handel unter den sächsischen Kaisern. Fortschritte der Städte.
Geordnetere Verhältnisse traten erst ein, als nach dem Aussterben der Karolinger in Deutschland und nach der kurzen Zwischenregierung Konrad’s der Sachsenherzog Heinrich zum Könige gewählt wurde. Die Ottonen können als die Gründer eines staatlichen Lebens in Deutschland betrachtet werden. Der erste dieses Geschlechts, Heinrich I. (918-936), besiegte die Magyaren, welche ihre Raubzüge fortgesetzt, zweimal, stellte im Norden die dänische Mark Karl´s des Großen wieder her, und machte die Eider zur Grenze Deutschlands. Durch die Anlage neuer und Befestigung verfallener Burgen legte er den Grund zu den später daraus erwachsenden Städten, welche so viele Keime zur Reife brachten und die eigentliche bürgerliche Tätigkeit förderten und hoben.
Die Verbindung Italiens mit Deutschland durch Otto I., so unselig sie in vieler Hinsicht zu nennen ist, bahnte dennoch italienischer Kultur und Verfeinerung den Weg nach Deutschland, und eine Belebung der Gewerbe und der Künste lässt sich wenigstens in einigen spärlichen Erscheinungen nachweisen. Nach Nordosten wurde das Reich unter fortwährenden Kämpfen mit den Elbeslaven ausgedehnt; den Raubfahrten der Ungarn durch die Schlacht auf dem Lechfelde 10. Aug. 955 eine Grenze gesetzt. Gegen die südlichen slawischen Stämme, gegen Westfranken, zeigte sich die Überlegenheit der deutschen Waffen. Unter der Regierung der Ottonen machten die Städte einige merkliche, obwohl noch nicht bedeutende Fortschritte. Magdeburg hob sich, durch Otto’s I. Gemahlin begünstigt; Hamburg, erstand aus den Trümmern; Bremen wurde durch seine Bischöfe gefördert und schwang sich unter Bischof Adel dag auf, der sich auch bemühte, das kaufmännische Leben zu heben. Die Stadt erhielt vom Kaiser einen Freibrief über Marktrecht, Zoll, Münze und Schutz für alle Gewerbe treibenden Bewohner.
Vorzüglich sind es die Bischöfe, die in allen Städten, über die sie die Immunität erhielten, d. i. Freiheit von den Grafengerichten, von allen weltlichen Leistungen und Lasten an den Staat, heilsame Zustände anbahnten. Soest´s und Köln´s Kaufleute waren strebsam, ihren Erzeugnissen weitern Absatz zu verschaffen; ersteres suchte für seine Webereien, letzteres für Rheinwein Export nach den überseeischen Gegenden, vorzugsweise nach England, mit dessen Herrscherhanse König Otto durch Vermählung mit einer angelsächsischen Prinzessin in innige Beziehung getreten war. Die „Leute des Kaisers“ erhielten gleiches Recht mit den eigenen Untertanen von dem englischen Könige Athelred, 978-1016. Gegen Entrichtung eines gesetzlichen Zolles durften sie ihre Einkäufe von Wolle, Fettwaren und lebendigen Schweinen Besorgen „und brachten am Weihnachts- und Osterfeste als Anerkennungszeichen drei Stück von grauem Tuche, eines von braunem, zehn Pfund Pfeffer, fünf Paar Männerhandschuhe und zwei Eimer mit Essig dar, wahrscheinlich der städtischen Behörde.“
In den südlichen Gebieten konnte Regensburg nach der Besiegung der Magyaren und Zurückweisung derselben in ihre Landesgrenzen seine Handelstätigkeit ausbilden und erweitern; doch erstreckte sich der deutsche Handel im 10. Jahrhundert noch nicht über die ungarischen Grenzdistrikte hinaus; das Aufblühen der Stadt wurde durch König Heinrich II., der hier oft seine Residenz aufschlug, begünstigt. Passau, Salzburg, Freisingen, Donauwörth, Ulm treten aus der Reihe der Donaustädte hervor und erlangen Privilegien, Marktrecht, Freiheit vom Zoll, einige auch Münzrecht. — In Sachsen mehrte sich die Betriebsamkeit durch Anlegung neuer Märkte. Die Berggruben des Harzes wurden ausgebeutet. Goslar’s Verkehr hob sich, viele Kaufleute Hessen sich hier nieder; der zunehmende Gewürzhandel wird ausdrücklich erwähnt. In Hildesheim und Quedlinburg wurden Gewerbe und Handel gepflegt, von den geistlichen Gebietern begünstigt Auf der Nord- und Ostsee tummelten sich Friesen herum, unternahmen eine Entdeckungsreise in den hohen Norden über Island hinaus und kehrten von der ersten Nordpolexpedition nach mannigfachen Abenteuern zurück.
Quelle:
- Beer, Dr. Adolf. Allgemeine Geschichte des Welthandels. Erste Abtheilung S. 224-241. Verlag von Wilhelm Braumüller. Wien, 1860.