Das Dorf im Mittelalter

Einführung

Dieser Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Dorf im Mittelalter. Wenn du noch mehr über Bauern im Mittelalter wissen möchtest, als hier steht, dann klicke unten auf einen verwandten Artikel.

Inhalt

Entstehung des Landstandes

Nach der Völkerwanderungszeit, bevor die Menschen sich längerfristig niederließen, war Deutschland etwas entvölkert. Es gab viel Land und wenige Bewohner. Also konnten sich die verschiedenen Stämme, wie Sachsen, Franken, Thüringer und Alemannen genügend Land aufteilen, um ihre Feldwirtschaft zu betreiben. Die Menschen, die damals anfingen, das Land zu bebauen waren freie Menschen, es waren einfach normale Angehörige der verschiedenen Stämme. Was aber nichts daran änderte, dass diese freien Bauern sich Leibeigene halten konnten. Die Leibeigenen waren dann meist Menschen, die davor in den eroberten Gebieten gelebt hatten und nicht getötet wurden. Und da es kaum Städte gab, waren schätzungsweise 90% der deutschen Bevölkerung zu dieser Zeit „Landbevölkerung“. Der Rest waren Adlige und Geistliche.

abb. 8: bild germanischer bauer mit gefolge

Abbildung 8: Um 500. Ein freier Bauer reitet mit seinem Sohn und Gefolgschaft zur Jagd durch die noch fast unberührte Natur. Zeichnung von H. Leutemann.

Entwicklung des Landstandes

Mit der Zeit bildeten sich die Franken als mächtigster Stamm in Frankreich und Deutschland heraus. Aber auch unter ihnen änderte sich nicht viel an der Stellung der Bauern. Die Unterdrückung und das Elend der Bauern beginnt erst mit der Zeit der Karolinger (ab ca. 800), wird schlimmer im Hochmittelalter, noch schlimmer im Spätmittelalter und gipfelt schließlich mit den Bauernkriegen am Anfang des 16. Jahrhunderts. Dem freien Bauern werden in dieser Entwicklungsphase mehr und mehr die Rechtegenommen, bis die einst freien, zufriedenen Männer alle Lasten der Gesellschaft zu tragen haben und für die wachsende städtische Bevölkerung, den wachsenden Klerus und den wachsenden Adel unter unmenschlichen Bedingungen ackern müssen.

Bauernhöfe und Dörfer

Die freien Männer des Frühmittelalters wohnten mit ihren Familien meist in Einzelhöfen. Dörfer gab es auch schon, jedoch nicht so, wie wir sie uns heute vorstellen, dass mehrere Häuser gedrängt auf einem Fleck stehen und in der Mitte der Dorfplatz; nein, die Dörfer des Frühmittelalters sahen so aus, dass jedes Haus einzeln stand und von Hof-, Garten- oder Feld umgeben war. Es waren auch sehr wenige Häuser, die zu dieser „Dorfgemeinschaft“ gehörten und sie standen etwas entfernt voneinander.Wer nicht in einem solchen Dorf wohnte, der lebte, wie schon erwähnt, in einem Einzelhof, der irgendwo in der Landschaft stand, umgeben von Garten und Zaun, Feld, Wiese oder Wald. Die Häuser der Bauern waren aus Holz, mit Lehm verstrichen und hatten ein Dach aus Stroh, das bis kurz über den Boden reichte. Fenster aus Glas hatten diese Häuser noch nicht. Die Öffnungen der Fenster konnten entweder offen sein oder mit Holz geschlossen werden.

Die Bauern ließen sich immer dort nieder, wo es Wasser gab. Denn das Wasser war (und ist immernoch) lebensnotwendig. Das war in ländlichen Gebieten meistens ein Bach. Deshalb entstanden auch fast alle Dörfer an Bächen und Flüßen.

abb.9: bilder bauernhof

Abbildung 9: Ein typischer Bauernhof im Frühmittelalter. Aus der Wohnstube qualmt das Essen, die Familie genießt den Tag, Pferde und Gänse laufen auf dem Hof herum, rechts werden Holz und Fell getrocknet. Zeichnung von H. Leutemann.

Städte gab es noch nicht im Frühmittelalter

Städte gab es nicht und feste Orte (Steinmauern, gepflasterte Straßen, Steinhäuser) nur sehr wenige. Die einzigen festen Orte waren die befestigten Hauptorte aus der Römerzeit, wie z. B. Trier, Regensburg und Köln. Diese wurden aber im Frühmittelalter nur noch spärlich bewohnt und verkamen somit größtenteils zu Ruinen im Laufe des Frühmittelalters.

Man vermutet, dass die freien, deutschen Völker eine Abneigung dagegen hatten, hinter Stadtmauern zu wohnen, weil sie sich sonst wie in Gefängnissen fühlten. Der Luxus der Römer in den Städten, war den germanischen Völkern schon bekannt gewesen, sie entschieden sich aber freiwillig dagegen.

Motten – Umzäunungen als Schutz

Die Deutschen errichteten zu dieser Zeit auch befestigte Umzäunungen aus Pfahlwerk, Dornenhecken und anderen Materialien in den Wäldern und Sümpfen, um ihre Frauen, Kinder und Vieh in Zeiten des Krieges dort in Sicherheit zu bringen. Die reichen Adligen hatten sich zu dieser Zeit schon die Vorläufer der späteren Ritterburgen errichtet: Die Motten; dies waren umzäunte Einzelhöfe, meist auf einem Hügel, geschützt durch Gräben und Verhaue. Dort, wo die Einzelhöfe durch richtige Mauern geschützt waren, waren die Mauern noch als Überreste aus der Keltenzeit vorhanden. Andere Adlige bauten sich auf der Anhöhe eines Hügels oder kleinen Berges so genannte Ringburgen, das sind Wälle aus Holzpalisaden, die um die Bergkuppe wie ein Ring eingeschlagen wurden. Diese Ringburgen wurden dort gebaut, wo man die umliegende Gegend gut überblicken konnte, denn oft standen Adlige in Fehde gegeneinander und wollten sich durch die Ringburg mit der guten Aussicht vor der Blutrache bewahren.

Gaue

Die Landschaft, in der die Bauern lebten, wurde in Gaue eingeteilt. Diese Einteilung gab es übrigens schon in der Antike. Gaue sind durch die Natur abgegrenzte, natürliche Gebiete, so wie z. B. Das Tal eines kleinen Flusses oder eine durch Berge oder Flüsse abgegrenzte Landfläche. Über diese alten Gauverbände mit den darauf lebenden Menschen wurden ab ca. 500 von dem fränkischen Königen Grafen gesetzt, die Gaugrafen, die als Beamte in Vertretung des Königs über jeweils ihr Gau herrschten.

Die Dorfverfassung

Als das neu eroberte Deutschland an die Mitglieder der germanischen Völker verteilt wurde, war nicht alles gleichmäßig aufgeteilt worden. Es entstanden Allmenden (von "alle Männer"), Bewohner eines Gaues benutzen durfte. Allmenden konnten Weidewiesen sein für das Vieh, Wälder, in denen man jagen konnte oder andere, jedem verfügbare Gelände.

Da diese Gelände niemandem gehörten, musste man gemeinschaftlich darüber entscheiden, was mit ihnen geschehen sollte. Also kamen für diese Verhandlungen alle Dorfbewohner zusammen und berieten sich über die Nutzung der öffentlichen Flächen. Dies fand meist unter freiem Himmel bei einer Linde statt, dem altheiligen Gerichtsbaum der Germanen. Ein gewählter Vorsteher leitete die Verhandlungen und Beschlussfassungen.

abb. 10: bilder ding oder thing

Abbildung 10: Zu größeren Entscheidungen, wie z. B. Krieg doer Frieden, Leben der Volksgenossen oder Wahl der Beamten, traf man sich zu einem so genannten Ding oder Ting auf der Malstatt. Hier wird ein Fest auf einer Malwiese gezeigt, das manchmal bis tief in die Nacht dauerte. Zeichnung von H. Leutemann.

Entwicklung der Dörfer

An den zuvor beschriebenen Begebenheiten änderte sich bis um 1100 nicht viel. Da die Bauern in diesem Zeitraum ihre Felder bewirtschafteten, bis dem Boden alle Nährstoffe entzogen waren, mussten sie ihren Wohnstitz alle paar Jahre verlegen. Deshalb kamen auch keine größeren Ortschaften zustande, weil der Großteil der Bevölkerung Bauern waren und diese von einem Fleck zum anderen zogen. So entstanden auch viele Wüstungen – verlassene Dörfer, die von niemandem mehr bewohnt wurden.

abb. 11: bilder land

Abbildung 11: Am Beispiel des Hertha See auf Rügen sieht man die verlassene, wilde Landschaft im Frühmittelalter. Im Unterschied zu heute war damals nur selten eine Menschenseele zu sehen.

Große Dörfer konnte man schon solche mit 100 Einwohnern nennen. Die Menschen bebauten ihr Land weiterhin hauptsächlich für den Eigenbedarf. Der Bauer als Nachfahre der freien Bauern war damals noch stolz. Als dann ab ca. 1100 die ersten größeren Städte entstanden, änderte sich auch das Leben des Bauers.

Die Entwicklung der Dörfer

Verschiedene Faktoren kommen jetzt hinzu, die zu zwei Dingen beitragen: Erstens die Aufrechterhaltung und Vergrößerung der Dörfer und zweitens die Anfänge der Unterdrückung der Bauern.

Die Aufrechterhaltung der Dörfer ist jetzt möglich, da die Dreifelderwirtschaft eingeführt wurde. Durch diese werden dem Boden die Nährstoffe zurückgegeben, die er braucht, indem immer ein Drittel des Feldes brach liegt. Somit können die Bauern über viele Jahre hinweg immer das gleiche Feld beackern. Das führt dazu, dass sie an einem Ort sesshaft werden, was wiederum andere Menschen anzieht.

Die Unterdrückung der Bauern wird dadurch begünstigt, dass die freien Bauern zu unfreien Bauern werden. Davor hatten sie ihr eigenes Stück Land, das sie bearbeiten und die Erträge verkaufen konnten. Aber sie erlitten viele Angriffe durch Räuber und Nachbarn (das Faustrecht war noch nicht abgeschafft), und weil sie sich nicht selbst wehren konnten oder wollten, stellten sie sich in den Schutz eines mächtigeren Herrn, der dann aufpasste, dass der Bauer in Frieden gelassen wurde. Als Gegenleistung aber musste der Bauer dem Herrn einen Anteil an seinen Erträgen geben. Das war der erste Schritt in die Abhängigkeit und somit in die Unterdrückung.

abb. 12: bilder dorf landkarte

Abbildung 12: Auf diesem Bild sehen wir, wie die ländliche Gegend im Spätmittelalter aussah. Das Dorf als Ansiedlung mehrer Familien hatte fast immer eine eigene Kirche und eine Mühle. Der Herr hatte sein Anwesen in einiger Entfernung zum Dorfkern. Es führte eine Straße zum nächsten Dorf oder zur nächstne Stadt und ein Bach floss fast immer am Dorf entlang. Umgeben war das Dorf von einer Wiese, die jeder nutzen konnte. Etwas entfernter das Weideland, das jeder benutzen konnte.Die Felder selbst waren unterteilt in Sommer- und Wintergetreide. Außerhalb der Felder war entweder Wald oder gerodete Flächen. (Gerodet wurde extrem viel im Frühmittelalter, um Platz für immer neue Felder zu schaffen, da die Bauern ja noch häufig den Platz wechselten).

Zusammenfassung

Das Dorf des Mittelalters entwickelte sich also aus den Einzelhöfen oder kleinen Siedlungen nach der Völkerwanderung. Viele Wälder wurden gerodet, um Platz für neue Felder zu schaffen. Dort ließen sich dann die Bauern nieder. Mit dem Hochmittelalter wurden diese Siedlungen größer, da die Bauern sesshaft wurden. Die Lage der Bauern verschlechterte sich gleichzeitig. Im Hoch- und Spätmittelalter entwickelten sich aus besonders günstig gelegenen Dörfern größere Städte. Die Lage der Bauern wurde gleichzeitig unerträglich.

10 Kommentare:

  1. Gerhard Rinderspacher Im Wiesengrund 3, 75015 Bretten

    Kann ich das Bild „Bauernhof“ in eine Dokumentation über die Geschichte unseres eigenen Dorfes einbauen. Bei uns gab es im 13. Jahrhundert bereits eine Vogtei

  2. Hallo zusammen.
    Ich bin auf der Recherchesuche zu Lauresham/Kloster Lorsch, auf diese interessante Seite gestossen. Super toll, kurze aber präzise Info, und einige Zeichnungen.
    Da habe ich mir erlaubt 3 oder 4 Fotos zu kopieren für ein YT-Filmchen – ist das gestattet?
    Auf einem Bild ist mir eine Beschriftung etwas aufgestoßen, die, so meine ich, nicht ganz den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen dürfte: Abbildung 9.
    „….die Familie genießt den Tag…“. Mit Verlaub, zu dieser Zeit mussten und haben die Leute gearbeitet, solange es hell war. Ich vermute, das dies ein Lehrer betitelt hat.

  3. Meine Rettung hahaahha

  4. Cool
    Vielleicht sollte man Dörfer als Beispiele benennen.

  5. Lynn Walinski

    Ähm … ich befürchte historisch ist diese Sicht etwas überholt. Also es ist natürlich regional höchst unterschiedlich aber ingesamt kann man im Frühmittelalter von einer relativ starken Unterwerfung der Bauernschaft ausgehen, die dann im Hochmittelater zunehmend persönliche Freiheit erkämpfen. Verstärkt wird das im Spätmittelalter durch Seuchen und Pest was das Verhältnis von Land-Bäuer_innen zu Gunsten der Bäuer*innen verschiebt und somit im Spätmittelater die Bauernschaft persönlich frei wird. Die Aufstände im 16. Jh. sind eher durch eine Verschuldung der Bauernschaft infolge einer Monetarisierung der Abgaben, welche erst eine wirklich „Schuldpolitik“ erlaubte, erklärbar. (vgl. z.B. Reitemeier 2008: Grundherrschaft und bäuerliche Lebensbedingungen im Mittelater)

  6. Halli Hallo
    Mir hat das ziemlich gut gefallen ich würde die seite jedem weiterempfehlen der auf jedenfall was lernen will!.

  7. Toller Schai´ß

    Hai das war gut ich brauch das für mone GFS :D

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert