Einleitung
Am 27. November 2004, über 800 Jahre nach der Plünderung des einstigen Konstantinopels durch die Kreuzfahrer des Vierten Kreuzzugs, übergab Papst Johannes Paul II. die Reliquien der beiden großen Kirchenväter des Ostens, Johannes Chrysostomos und Gregor von Nazianz, an den Ökonomenischen Patriarchen Bartholomaios I. mit den Worten:
„In der Überführung so heiliger Reliquien sehen wir eine gesegnete Gelegenheit, unser verwundetes Gedächtnis zu reinigen und unseren Weg zur Versöhnung zu festigen mit der Bekräftigung, dass der Glaube dieser unserer heiligen Lehrer der Glaube der Kirchen des Ostens und des Westens ist.“(1)
Der Vatikan-Sprecher Joaquin Navarro Valls kommentierte, die Übergabe der Reliquien sei „keine Entschädigung – es war Johannes Pauls Entschuldigung beim Ökumenischen Patriarchen für den Entzug der Reliquien während des Kreuzzugs im 13. Jahrhundert.“ Ganz in diesem Sinne deutete Barholomaios I. die Zeremonie als einen „heiligen und historischen Moment“, der eine „Anomalie und Ungerechtigkeit“ aus der Welt schaffe.(2)
Schon drei Jahre zuvor hatte Johannes Paul II. bei seiner Pilgerreise auf den Spuren des Apostel Paulus durch sein „Schuldeingeständnis in Athen“(3) wesentlich zur Aussöhnung der beiden Kirchen beitragen. Unter mehrfachem spontanen Beifall der orthodoxen Bischöfe und Seiner Seligkeit Christódoulos, dem orthodoxen Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, bat Papst Johannes Paul II. um Vergebung für die verheerenden Taten der lateinischen Kreuzfahrer:
„Wir bitten den Herrn um Vergebung für all jene Sünden, die die Söhne und Töchter der katholischen Kirche in der Vergangenheit und Gegenwart durch ihre Taten und Versäumnisse gegenüber den orthodoxen Brüdern und Schwestern begangen haben. Einige Erinnerungen sind ganz besonders schmerzlich, und verschiedene Ereignisse der fernen Vergangenheit hinterlassen auch heute noch tiefe Wunden im Geist und im Herzen der Menschen. Ich denke an die verheerende Plünderung der Kaiserstadt Konstantinopel, die lange Zeit das christliche Bollwerk des Ostens war. Tragisch ist, dass die Angreifer, die aufgebrochen waren, um den Christen freien Zutritt zum Heiligen Land zu sichern, sich gegen ihre eigenen Glaubensbrüder wandten. Die Tatsache, dass sie der lateinischen Kirche angehörten, erfüllt die Katholiken mit tiefem Bedauern. […] Allein Gott vermag zu richten; vertrauen wir somit die schwere Last der Vergangenheit seiner unermesslichen Gnade an und bitten wir ihn, jene Wunden zu heilen, die den Geist des griechischen Volkes noch immer schmerzen.“
All dies macht die historische Bedeutung des Vierten Kreuzzugs und seiner Ablenkung deutlich und zeigt die noch heute sichtbaren Auswirkungen dieses als “the greatest crime of the Middle Ages”(5) bezeichneten Ereignisses. Unter diesem Eindruck wird die Frage entscheidend, ob die Ablenkung des Vierten Kreuzzugs aus Vorsatz oder aus Fahrlässigkeit erfolgte. Diese Arbeit widmet sich deshalb der Problematik: War die Wendung des Kreuzzugs gegen Konstantinopel die Folge einer Verkettung ungünstiger Umstände oder war sie eine von langer Hand und sorgfältig geplante Intrige der Teilnehmer des Kreuzfahrerheeres und Außenstehender?
Ziel dieser Arbeit ist nicht eine detaillierte Darstellung des Vierten Kreuzzugs als Ganzes sondern eine gezielte Schilderung derjenigen Ereignisse und Zusammenhänge, die uns für eine zufrieden stellende Beantwortung unserer Problematik notwendig erscheinen. Zeitlich beschränken wir uns hierbei auf die Ereignisse, die zur Entscheidung der Richtungsänderung führten, also auf die Zeit zwischen der Ankunft der Kreuzritter in Venedig 1202 und der Abreise von Zara in Richtung Konstantinopel im Frühjahr 1203. Da man unsere Problematik als einen „im Grunde unfruchtbaren und unlösbaren Streit“(6) abtun könnte, erhebt diese Arbeit nicht den Anspruch, neue Erkenntnisse zu liefern oder neue Antworte zu geben. Sie will in einer knappen Form wiedergeben, worin der Kern der Problematik liegt und welche Antworten bereits im Raume stehen, so dass der Leser sich sein eigenes Urteil bilden kann. Die Herausforderung liegt darin, die Komplexität der Zusammenhänge und die Vielzahl der Einflussfaktoren im begrenzten Rahmen dieser Arbeit klar und übersichtlich darzustellen.
Eine breite Quellen- und Literaturbasis ist hierbei unerlässlich und somit stützen wir uns einerseits im Wesentlichen auf die wichtigsten zeitgenössischen Überlieferungen: La conquête de Constantinople von Geoffroy de Villehardouin und der Augenzeugenbericht von Robert de Clari, die Hystoria Constantinopolitana von Gunther von Pairis, die Überlieferungen Niketas Choniates und die Register Papst Innozenz’ III. Andererseits fließen die Erkenntnisse der aktuellsten Werke der breiten Masse an Sekundärliteratur in die Arbeit ein: Queller/Madden 1997, Philipps 2004, Lilie 2004, Andrea 2003, Mayer 2000 u. a..
Die Meinungen der Forschung zum Vierten Kreuzzug sind so vielfältig wie die große Auswahl an Literatur zu dieser „one of the most controversial, compelling and remarkable episodes in medieval history.“(7) Jährlich erscheinen neue Werke über die Gründe für die Richtungsänderung des Kreuzzugs gegen Konstantinopel und dessen Plünderung. Ein Blick auf die vielen Buch- und Artikeltitel zeigt, dass sich die Forschung zum Vierten Kreuzzug überwiegend auf dieses eine Teilereignis des Kreuzzuges konzentriert und zudem unter dem Eindruck dieser Tat den Kreuzzug als Ganzes bewertet: Schon die Zeitzeugen empfanden den 4. Kreuzzug als ein denkwürdiges Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung und betitelten ihre Berichte mit devestatio Constantinopolitana und historia Constantinopolitana; die Sekundärliteratur weist Titel wie „An Ungodly War“ (Bartlett 2000) und „The Unholy Crusade“ (Godfrey 1980) auf.
Zwei Großtheorien zur Erklärung und Begründung der „Abirrung“(8) des Vierten Kreuzzug dominieren die Geschichtsforschung: Erstens die Zufallstheorie, wonach die Ablenkung des Kreuzzugs gegen Konstantinopel die Folge einer Verkettung (ungünstiger) Zufälle gewesen sei, und zweitens die Intrigentheorie, wonach die Wendung gegen Byzanz ein lange und sorgfältig vorbereiteter Komplott gewesen sein soll.(9) Die Zufallstheorie stützt sich quellenmäßig im Wesentlichen auf die Überlieferungen von Gottfried de Villehardouin, die Intrigentheorie hingegen auf die Berichte von Niketas Choniates und Robert de Clari. Den wissenschaftlichen Anstoß der Intrigentheorie gaben 1861 Louis de Mas Latrie(10), der sich auf die von ihm herausgegebenen Überlieferungen des zypriotischen Chronisten Ernoul berief, und Karl Hopf(11); beide beschuldigten Venedig des Verrats am Kreuzzugsgedanken. In der moderneren Literatur treten z. B. Runciman, Angold, Godfrey und Harris als Fürsprecher von Byzanz auf, während vor allem Queller (z. B. 1974, 1976, 1992, 1997) immer wieder die venezianische Seite zu verteidigen sucht. Queller ist zudem als ein Kritiker der Rolle Papst Innozenz’ III einzuordnen.(12) Andrea/Moore bemühen sich hingegen um ein ausgeglichenes Bild der Rolle Papst Innozenz’ III. und vor allem Moore weist dabei die Verstrickung des Papstes in eine mögliche Intrige zurück.(13) Die heute herrschende Meinung orientiert sich im Wesentlichen an den Antworten Walter Nordens(14), die Queller als die „modifizierte Zufallstheorie“ bezeichnet. Danach erachteten viele Teilnehmer des Kreuzzuges, vor allem Venedig, die Staufer und Alexios IV., die Eroberung Konstantinopels zwar als wünschenswert, planten aber keinen Komplott, um dies herbeizuführen.
Wir werden bei der zielgerichteten Darstellung des Vierten Kreuzzugs und der Beantwortung der gestellten Problematik wie folgt vorgehen: Zunächst erscheint es grundlegend wichtig, die Quellenlage genau zu analysieren und den Überlieferungen ihre Glaubwürdigkeit und Aussagekraft zuzumessen. Daraufhin sollen die jeweiligen Hypothesen der beiden Großtheorien dargestellt und geprüft werden. Schließlich gilt es Schlussfolgerungen zu ziehen und eine mögliche Antwort auf die Problematik zu geben.
- Einleitung
- 1. Quellen
- 2. Die Zufallstheorie – Eine Verkettung von Umständen
- 2.1. Organisatorische und finanzielle Probleme
- 2.2. Kritische Reaktionen Papst Innozenz’ III.
- 2.3. Widerstand der Kreuzfahrer
- 3. Eine folgenreiche Intrige
- 3.1. Der Einfluss und die Interessen Venedigs
- 3.2. Die Rolle Bonifaz’, Philipps von Schwaben und Alexios’ IV.
- 3.3. Die zögernde Haltung Papst Innozenz’ III.
- 3.4. Der langjährige Griechenhass der Lateiner
- 3.5. Die Bedeutung der Kreuzesreliquien
- 4. Fazit: Die modifizierte Zufallstheorie
- Bibliographie
1. Quellen
Je umstrittener die Gründe und Zusammenhänge eines historischen Ereignisses in der Geschichtswissenschaft sind, um so essentiell wichtiger ist eine genaue – wieder möglichst objektive – Analyse und Bewertung der zeitgenössischen Quellen. Der Historiker muss sich der Subjektivität seiner Quellen bewusst sein und dann die historische Wahrheit in der Quersumme aller zur Verfügung stehenden Informationen suchen. Für den Vierten Kreuzzug steht hierbei eine breite und umfangreiche Quellenbasis zur Verfügung, die die der anderen Kreuzzüge weit übertrifft.(15) Diese Arbeit konzentriert sich auf die Analyse der wichtigsten Überlieferungen und stellt dabei die Perspektive des jeweiligen Quellenautors und seine anzunehmende Glaubwürdigkeit dar. Schließlich wird dargelegt, welche Rolle die Quellen für die beiden Großtheorien spielen und wie sie von ihren Verfechtern verwendet werden. Um dies für den Leser verständlicher zu gestalten, werden zunächst die Quellen untersucht, die sich eher der Zufallstheorie zuordnen lassen und dann diejenigen, die eher die Intrigentheorie unterstützen. Dass hierbei eine eindeutige und vollständige Zuordnung einer Quelle zu den Großtheorien unmöglich ist, erscheint selbstverständlich. Diese Zuordnung dient eher dem Aufweisen von Tendenzen und erleichtert die Analyse der Quellen.
An erster Stelle ist hier unzweifelhaft die Quelle La conquête de Constantinople von Geoffroy de Villehardouin zu nennen, die von vielen Historikern als die wichtigste und umfassendste Überlieferung zum Vierten Kreuzzug und darüber hinaus als „one of the great historical sources to survive from medieval Europe“ bezeichnet wird.(16) Geoffroy de Villehardouin, Marschall der Graftschaft Champagne, gehörte zum engsten Führungs- und Entscheidungskreis des Kreuzzugsheeres und galt im Nachhinein als der offizielle Geschichtsschreiber des Unternehmens. Die Tatsache, dass er als Gesandter der Kreuzfahrer bei den Verhandlungen mit Venedig 1201 mitwirkte, zeigt seine hohe Stellung und lässt vermuten, dass er über die Ereignisse, Hintergründe und Zusammenhänge des Kreuzzugs bestens informiert war. Er berichtet somit aus der Vogelperspektive(17), da er den Kreuzzug als Ganzes überblicken konnte. Villehardouin ist als der am besten und umfassendsten informierte Zeitzeuge zu betrachten; Andrea weist im beispielsweise in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der von ihm überlieferten Zahlen und Fakten einen „ring of authenticity“(18) zu. Gleichzeitig ist in Villehardouin aber auch einer der profiliertesten Teilnehmer zu sehen und von daher muss man sich seiner Perspektive der Ereignisse bewusst sein. Da er La conquête de Constantinople erst um das Jahr 1208 verfasste und ein Hauptakteur und Entscheidungsträger des gesamten Unternehmens war, stehen die Überlieferungen Villehardouins unter dem Verdacht, er versuche, im Nachhinein die Eroberung Konstantinopels zu rechtfertigen und die Ereignisse zu beschönigen.(19) Wegen seiner hohen sozialen Stellung, seines direkten Mitwirkens und des amtlichen Charakters seiner Chronik ist ihm beim Verfassen seines Textes ein nicht zu unterschätzendes Maß an Loyalität zu unterstellen. Sicherlich hat er die Geschichte nicht verfälscht, aber er wird verständlicherweise versucht haben, den eigentlich gescheiterten Kreuzzug in ein positives Licht zu rücken.
Da Villehardouin den Grund für die Ablenkung des Kreuzzugs nach Konstantinopel darin sieht, dass sich ein Großteil der Kreuzfahrer nicht an die im Vorhinein getroffenen Vereinbarungen gehalten hat und nicht in Großer Zahl in Venedig erschienen ist, wird er von den Verfechtern der Zufallstheorie als wichtigste Quelle angeführt.
Mit den Regesten Papst Innozenz’ III. sind eine weitere Überlieferung einer der Hauptfiguren des Vierten Kreuzzugs vorhanden; der Papst hatte schließlich 1198 selbst zum Kreuzzug aufgerufen und wollte diesen unter seine eigene Gesamtleitung fernab vom Einfluss des Kaisers und der Könige stellen. Die Korrespondenz des Papstes mit den Führern des Kreuzfahrerheeres lässt die Position der Kurie zu den Entwicklungen erkennen und zeigt durch den häufigen Briefwechsel gut die Komplexität der Entscheidungen und Debatten, die zur Wendung des Kreuzzuges gegen Byzanz führten. Dennoch muss beachtet werden, dass Papst Innozenz’ III. den Ereignissen immer Tage, wenn nicht Wochen, hinterher hing und trotz seiner eigentlich leitenden Funktion äußerst schlecht über die Geschehnisse vor Ort informiert war.(20) Er konnte meistens erst im Nachhinein noch Einfluss nehmen oder zumindest versuchen, die Entscheidungen ex-post zu verurteilen oder zu rechtfertigen, wenn sie in seinem Interesse lagen.
Aus Sicht der Zufallstheorie zeigen die Regesten des Papstes, dass es sich bei der Ablenkung des Kreuzzuges nach Konstantinopel nicht um einen Komplott der Führungsschicht des Kreuzzuges handelte, da sich in der Korrespondenz Papst Innozenz’ III. keine Hinweise darauf finden.(21) Der Papst verurteilt eher – wenn auch etwas spät – das Verhalten der Kreuzfahrer. Persönliche und subtile Absichten des Papstes müssen hierbei aber trotz der Informationslage seiner Regesten geprüft werden.
Diesen beiden Quellen steht eine Reihe von Überlieferungen gegenüber, die zum Entstehen der Intrigentheorie geführt haben. Als bekannteste Quelle aus Sicht eines Kreuzfahrers ist hierbei das Werk von Robert de Clari zu nennen. Im Gegensatz zu Villehardouin beschreibt Clari als einfacher kleiner Ritter aus der Picardie den Kreuzzug aus der Froschperspektive und zeigt die Alltagswirklichkeit der normalen Kreuzfahrer.(22) Die Genauigkeit seiner Daten und Richtigkeit seiner Fakten sind aufgrund seiner anzunehmenden mangelnden Kenntnis und Informationsbasis in Frage zu stellen, Andrea beschreibt ihn sogar als „scandalously inreliable“.(23) Clari weist immer wieder auf die Einflussnahme des Dogen Enrico Dandolo von Venedig, Philipps von Schwaben und Alexios IV. Angelos auf die Wendung des Kreuzzugs erst gegen Zara und dann gegen Byzanz hin. Gleichzeitig zeigt seine Überlieferung aber auch die Verachtung der normalen Kreuzfahrer gegenüber den Griechen und die Gier nach den Schätzen Byzanz’.(24) Der Bericht Roberts von Clari ist als eine Ergänzung zu den Überlieferungen Villehardouins zu sehen. Er selbst hatte nicht die Möglichkeiten zu ermessen, ob es sich wirklich um einen Komplott handelte, aber seine Worte erlauben Rückschlüsse darauf, ob eine mögliche Intrige bei den Soldaten des Heeres auf fruchtbaren Boden fiel oder auf strikte Ablehnung stieß. Denn es darf nicht vergessen werden, dass man das Kreuzfahrerheer nicht als eine Einheit betrachten kann, es bestand vielmehr aus vielen Gruppen und Einzelinteressen und Clari liefert uns die Meinung der Masse der über 33’000 Krieger.
Aus Sicht des Klerus liegen zwei wichtige Quellen vor, die durch ihre Aussagen eine mögliche Intrige stützen könnten. Erstens, die Devestatio Constantinopolitana eines unbekannten Autors, der wohl zum niederen Klerus aus dem deutschen Rheinland gehörte. Dieser Quelle wird eine hohe Authentizität zugeschrieben, doch ist sie wie alle anderen Quellen auch als ein Komplementärdokument zu betrachten.(25) Die Devestatio weist auf eine gewisse Dialektik der Ereignisse hin, da sich die starken Kräfte im Kreuzzug immer wieder gegen die Schwachen durchzusetzen vermochten – zunächst die Venezianer gegen die Führer des Kreuzzugs und dann diese beiden gemeinsam gegen Byzanz.(26) Da es sich beim Autor wohl um ein Mitglied des niederen Klerus handelt, gibt diese Quelle wie der Bericht Roberts de Clari die Erfahrungen der einfachen Kreuzfahrer wieder. Wegen der Anonymität des Autors lässt sich die Subjektivität der Devestatio aber nicht genauer analysieren.
Zweitens, die Hystoria Constantinopolitana von Gunther de Pairis, der die Geschichte des Abtes Martin de Pairis während des Vierten Kreuzzugs schildert. Dieser verließ in Zara das Kreuzfahrerheer und begab sich mit anderen Kreuzfahrern ins Heilige Land, von wo aus er erst kurz vor der zweiten Eroberung und Plünderung Konstantinopels wieder ins Hauptheer zurückkehrte und sich im schillernden Byzanz bereicherte. Obwohl er als ein Anhänger der Staufer einzuordnen ist, sieht er in Philipp von Schwaben einen der Hauptverantwortlichen für die Ablenkung des Kreuzzugs, was seinen Bericht durchaus glaubhaft erscheinen lässt.(27) Er sieht die Eroberung Konstantinopels als von Gott gewollt und prangert die Sündhaftigkeit der Griechen an, womit er das Kreuzfahrerheer (und auch sich selbst) in Schutz zu nehmen sucht. Da er sich selbst an der brutalen Plünderung Konstantinopels beteiligte, ist es verständlich, dass er die Gründe für dieses Ereignis als von außen an das Kreuzzugsunternehmen herangetragen sieht. Die Hystoria Constantinopolitana besitzt jedoch bei der Ermittlung der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Gründe für die Ablenkung des Kreuzzugs aufgrund ihres stark klerikalen Hintergrunds nur eine beschränkte Aussagekraft.(28) Orth ordnet sie als „alles andere als eine zuverlässige Quelle des Vierten Kreuzzug“ ein.(29)
In ihrer historischen Bedeutung ebenbürtig mit den Überlieferungen Villehardouins stehen diejenigen des byzantinischen Senators und Reichssekretärs Niketas Choniates, der die Plünderung seiner Stadt selbst miterlebte und am umfassendsten und detailliertesten über diese berichtet.(30) Er verfasste sein Werk während seines Exils in den Jahren 1207 bis 1217 und konzentrierte sich sehr darauf, die Gründe für das tragische Schicksal seiner Stadt zu finden. Die Hauptverantwortung für die Wendung des Kreuzzugs gegen Konstantinopel sieht Choniates beim Dogen Enrico Dandolo und den Rachegelüsten der Venezianer für das Massaker an ihren Landsleuten durch die Byzantiner 1171. Zugleich wirft er Papst Innozenz III. und Philipp von Schwaben vor, die Konfrontation mit Byzanz offen unterstützt zu haben. Damit bietet sich Choniates’ Überlieferung geradezu als einen Beweis für das Vorhandensein einer Intrige an und deshalb unterstellen ihm viele Verfechter der Zufallstheorie, er sei zu lateinerfeindlich eingestellt und daher nicht als ein ausgewogener und glaubhafter Berichterstatter einzuordnen.(31) Dahingegen verweisen Harris, Lilie und Andrea auf die positiven Bemerkungen Choniantes über die Lateiner und die Tatsache, dass er auch bei seinen eigenen Landsleuten eine Mitschuld für die Zerstörung seiner Stadt sieht, denn sie hätten sich nicht so arrogant und erniedrigend ihnen gegenüber verhalten sollen.(32) Dies befreit Choniates in gewissem Maß des Verdachts einer all zu starken Parteilichkeit und macht deutlich, dass seine Überlieferungen zu den wichtigsten und glaubhaftesten über den Vierten Kreuzzug gehören.
Neben diesen sechs Hauptquellen zum Vierten Kreuzzug existieren noch eine Reihe weiterer Überlieferungen, die der Vollständigkeit halber kurz dargestellt werden. Neben Niketas Choniates ist mit der Chronicle of Novgorod eine weitere wichtige Quelle des östlichen Christentums vorhanden.(33) Ferner ist die Chronique de Ernoul et de Bernard le Trésorier zu nennen, die Louis de Mas Latrie wie bereits erwähnt für seine Entwicklung der Intrigentheorie diente.(34) Zwei weitere interessante Augenzeugenberichte finden sich in der Hystoria Albigensis von Peter de Vaux-de-Cernay(35) und in den Gedichten Raimbauts de Vaqueiras, der ein persönlicher Freund Bonifaz de Montferrat war und somit einen tiefen Einblick in die Entscheidungen der Führer des Kreuzfahrerheeres hatte.
Nach der kritischen Analyse der Quellenlage können nun die einzelnen Hypothesen der beiden Großtheorien vorgestellt und überprüft werden.
2. Die Zufallstheorie – Eine Verkettung von Umständen
Die Vertreter der Zufallstheorie, vor allem Queller, Madden und Andrea, führen als ihr Hauptargument gegen eine mögliche Intrige gegen Byzanz an, dass erst eine „chain of unforseen events that threatened to overwhelm the crusade“ zur Ablenkung des Kreuzzugs führte.(36) Unter normalen Umständen wäre eine Wendung des Kreuzfahrerheeres gegen Konstantinopel von vorneherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Drei Haupthypothesen sind hierfür genauer zu analysieren: (1) Die organisatorischen und finanziellen Probleme des Kreuzfahrerheeres bei der Sammlung in Venedig machten eine Ablenkung erst möglich und es zeigte sich ein nicht zu vernachlässigender Widerstand gegen dieses Unternehmen von Seiten des Papstes (2) und auch vieler Kreuzfahrer (3).
Die Zufallstheorie betrachtet die Ereignisse zu Beginn des Vierten Kreuzzug, also die Zusammenkunft der Kreuzritter in Venedig im Frühjahr 1202 und die Eroberung Zaras im Winter desselben Jahres. Auch wenn das eigentliche Kernereignis unserer Problematik, die Eroberung und Plünderung Konstantinopels, erst fast 2 Jahre später erfolgt, legen die Geschehnisse im Jahr 1202 schon die Grundlage für die spätere Ablenkung des Kreuzzugs gegen Byzanz.
2. 1. Organisatorische und finanzielle Probleme
Bis zum eigentlichen Reisetermin im April 1202 war nur ein Drittel der erwarteten 33’500 Mann in Venedig eingetroffen. Ein Teil der Kreuzfahrer segelte über andere Häfen in Heilige Land und insgesamt hatten weit weniger Männer das Kreuz ergriffen als ursprünglich angenommen. Dies stellte die Führung des Kreuzfahrerheeres um Bonifaz von Monteferrat vor immense organisatorische und vor allem finanzielle Probleme: Venedig war nicht bereit, den Preis für die Bereitstellung seiner Flotte und Soldaten den neuen Umständen anzupassen und so blieb das Kreuzfahrerheer der Lagunenstadt 34’000 Mark schuldig. Queller sieht die „tragedy of the Fourth Crusade [in the] gross overestimation of the size and resources of the crusading army” und für Philips liegt “the Achilles heel of the whole enterprise [in the] lack of man and money”.(37) Aus dieser neuen Situation heraus waren die Kreuzritter gewissermaßen zum Kompromiss mit Venedig gezwungen.(38) Es sind also folgende Fragen durch einen Blick in die Quellen zu beantworten: Wie schwer brachte die mangelnde Beteiligung die Kreuzfahrer in Geldnot gegenüber Venedig? Wie abhängig waren die Kreuzritter von der Lagunenstadt für ihr weiteres Unternehmen? Wie schwer belasteten die Vorleistungen für den Transport und die Versorgung des Kreuzfahrerheeres die Wirtschaft Venedigs?
Villehardouin schildert äußerst umfangreich und erkennbar betroffen, vor welche großen Probleme das Heer im Frühjahr 1202 durch die mangelnde Beteiligung gestellt wurde:
„Aber sie hielten ihr Wort gegenüber ihrem Herrn übel, sie und die anderen, denn sie und viele andere hatten Angst vor der großen Gefahr des Vorhabens, das die von Venedig unternommen hatten. […] Das war ein sehr großer Verlust für diejenigen des Heeres, die nach Venedig gingen.“(39)
Er verurteilt auch diejenigen sehr scharf, die über andere Häfen zur Fahrt ins Heilige Land ansetzten und damit gegen die eigentlichen Abmachungen verstießen:
„Ah! Was für ein großes Unglück war es, dass die anderen, die zu den anderen Häfen gingen, nicht dahin kamen. […] Ihr Herren, die Venezianer haben ihre Verpflichtungen uns gegenüber vollständig erfüllt. Doch wir sind nicht genug Leute, um durch die Zahlung unserer Überfahrtkosten die unsrigen ihnen gegenüber erfüllen zu können. Und der Grund ist die Abtrünnigkeit derjenigen, die zu anderen Häfen gegangen sind.“(40)
Laut Villehardouin versuchten die Barone zunächst, die Kosten gegenüber Venedig aus eigener Tasche zu begleichen, doch „als sie bezahlt hatten, waren sie der Summe nicht einmal auf die Hälfte nahegekommen.“(41) Die Überwindung des Geldmangels wurde zudem noch dadurch erschwert, dass sich in Folge der Armutsbewegung ein weit aus geringerer Teil wohlhabender Kreuzritter im Heer befand als bei den vorigen Kreuzzügen.(42) Sollte das Heer wirklich aufbrechen und ins Heilige Land ziehen und der Vierte Kreuzzug nicht schon bevor er überhaupt auf den ersten Feind traf sich auflösen, dann waren die Kreuzritter auf den Vertrag mit und die Hilfe Venedigs angewiesen. Durch den Vertrag von 1201 hatte man sich eindeutig auf den Seeweg nach Palästina festgelegt – das Kreuzfahrerheer war somit von Venedig abhängig sollte das Unternehmen vorgesetzt werden. Hinzu kommt die Angst der Führer und Verantwortlichen des Heeres vor der Schmach und Schande eines Abbruchs des Kreuzzugs sollte es scheitern, „um Gottes willen das Heer zusammenzuhalten“.(43)
Im Vergleich mit den anderen einleitend genannten Quellen zeigt sich, dass nur noch Robert von Clari von den organisatorischen und finanziellen Problemen berichtet, während sie bei Niketas Choniates, in der Devestatio Constantinopolitana und bei Gunther von Pairis keine Erwähnung finden. Clari schreibt, dass die Kreuzfahrer „in einer schwierigen Lage seien“ und schildert den Druck des Dogen Dandolo, der von den Führern des Kreuzfahrerheeres verlangt, „„dass Ihr uns entsprechend den Bestimmungen des abgeschlossenen Vertrages die [ganze] vereinbarte Summe zahlt.““(44) In dieser Situation unterbreiten die Venezianer den Kreuzrittern den Vorschlag, gemeinsam die Stadt Zara zu erobern und einen Teil der Beute als Zahlung für die ausstehenden Schulden zu verwenden. War dieser Vorschlag Dandolos, den er laut Clari mit den Worten „Doch machen wir das Beste daraus!“(45) einleitete, wirklich nur ein Zeichen für „die verschlagene Nichtswürdigkeit der Venezianer“(46) wie Gunther von Pairis es deutete? Ist dies schon der erste Beweis für die heimliche Intrige, die den Vierten Kreuzzug umspannte, wo doch „der gesamte übrige Rest des Heeres […] nichts von diesem Beschluss [wusste], sondern nur die großen Herren“(47)?
Queller/Day haben sich dieser Frage eingehendst gewidmet und stellen anschaulich dar, was für eine wirtschaftliche und finanzielle Last eine Auflösung des Kreuzzugs für Venedig bedeutet hätte. Die Lagunenstadt hatte mit äußersten Anstrengungen die Vereinbarungen des Vertrags von 1201 erfüllt, dafür zweimal seinen Handel für anderthalb Jahre unterbrochen und somit keine Gewinne gemacht und zudem die Hälfte all ihrer männlichen Arbeitskräfte für die Organisation dieses Kreuzzugs abgestellt. Queller/Day behaupten, dass der Einnahmenverlust bei Abbruch des Kreuzzugs zu einem „severe drain upon the Venetian economy“ geführt hätte.(48) Die Überlieferungen Claris lassen diese Einschätzung einigermaßen zutreffend erscheinen, wenn er den Dogen Dandolo zitiert:
„Und daraufhin haben sie [=Venedig] jeden Tag all ihr Bemühen darauf verwandt und haben seit mehr als einem und einem halben Jahr keinen Gewinn gemacht, aber viel verloren.“(49)
Durch die organisatorischen und finanziellen Probleme zu Beginn des Vierten Kreuzzugs waren die Kreuzfahrer und Venedig somit in ein schweres gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis geraten: Die Kreuzritter waren auf die Transport- und auch Truppenkapazitäten Venedigs angewiesen, um das Heer erfolgreich ins Heilige Land zu bringen, während die Venezianer durch ihre hohen Vorleistungen auf eine baldige und vollständige Bezahlung ihrer Dienste drängten. Für beide Seiten wäre ein Abbruch des Kreuzzugs ein Desaster geworden, es musste also – mit welchen Mitteln auch immer – ein Erfolg herbeigeführt werden. Darin lag das Dilemma des Vierten Kreuzzugs „und ihnen [=den Kreuzfahrern] geschah deswegen großes Unglück, wie ihr später hören werdet.“(50)
Die Last des Geldmangels und die Truppenschwäche des Kreuzfahrerheeres führten im Frühjahr 1204 wirklich zu einem großen Unglück, nämlich der Eroberung und Plünderung Konstantinopels, der „Queen of the cities“(51) des Hochmittelalters. Aufgrund des kalten Winters nach den Eroberung Zaras musste der Kreuzzug an der adriatischen Küste überwintern und brauchte schon dort einen Großteil seiner Vorräte auf. Eine direkte Weiterfahrt nach Palästina und sofortige Kampfbereitschaft im Heiligen Land waren somit unmöglich geworden. Clari berichtet, „sie hätten nicht genügend Vorräte und auch nicht genug Geld, womit sie dorthin gehen könnten […] und wenn sie dorthin gehen würden, könnten sie dort nichts ausrichten“.(52) Zudem „wurde das Heer jeden Tag erheblich verkleinert […], denn die eine Partei arbeitete daran, dass das Heer sich auflöse, und andere daran, dass es zusammenbleibe.“(53) In dieser Situation wurde den Kreuzfahrern ein neuer Vorschlag unterbreitet: Um die Geldnot zu stillen und die Vorräte wieder aufzufrischen schlug der Doge Dandolo vor, auf dem Weg ins Heilige Land zunächst gegen das reiche Byzanz zu ziehen:
„Ihr Herren, Griechenland ist ein reiches Land und übervoll von allen Gütern. Wenn wir einen vernünftigen Grund finden können, um dorthin zu gehen und uns Vorräte und andere Dinge zu verschaffen, bis wir uns wieder vollständig versorgt haben, erschiene mir dies als ein guter Ratschluss und wir könnten gut über das Meer kommen.“(54)
Diesen ‚vernünftigen Grund’ sollten die Kreuzfahrer sehr schnell geliefert bekommen, denn Bonifaz bringt den jungen byzantinischen Thronprätendenten Alexios IV. Angelos ins Spiel. Villehardouin berichtet über das Angebot des Alexios wie folgt:
„Denn Ihr seid für Gott und für das Recht losgezogen und Ihr müsst, sofern Ihr es könnt, ihren Besitz denjenigen wiederverschaffen, die dessen zu Unrecht beraubt worden sind. Und er [= der Prinz Alexios] wird mit Euch den besten Vertrag schließen, der jemals von irgendjemand geschlossen wurde, und die machvollste Hilfe leisten, um das Land jenseits des Meeres zu erobern.“(55)
Der Vorschlag Alexios’ schien untermauert durch das moralische Argument, dass ihm „einer seiner Brüder auf verräterische Weise das Kaiserreich von Konstantinopel entrissen hat [und] wer diesen Mann für sich haben könnte, könnte in das Land von Konstantinopel gehen und sich dort Vorräte und andere Dinge nehmen, denn der junge Mann ist dessen rechtmäßiger Erbe.“(56) Auch Villehardouin und Pairis stützen mit ihren Überlieferungen die Bedeutung dieser moralischen Motivation für die Wendung gegen Konstantinopel.(57)
Das Hauptargument der Zufallstheorie liegt also in den Folgen der organisatorischen und finanziellen Probleme gleich zu Beginn des Vierten Kreuzzugs. Diese Probleme führten dazu, dass sich die Teilnehmer des Kreuzfahrerheers nach alternativen und näher liegenden Erfolgsmöglichkeiten und damit Einnahmequellen orientierten und zu Kompromissen gezwungen waren, wenn das Unternehmen als Ganzes nicht scheitern sollte. Die gewaltsame und brutale Plünderung Konstantinopels war keineswegs ein von vorneherein vereinbartes Ziel. Vielmehr sahen die Kreuzfahrer in der Einsetzung Alexios IV. die Möglichkeit, mit diesem einen neuen, starken und wohlhabenden Verbündeten zu gewinnen und das Heer endlich an sein ursprüngliches Ziel ins Heilige Land zu bringen.
2.2. Kritische Reaktionen Papst Innozenz’ III.
Neben diesem Hauptargument der Vertreter der Zufallstheorie wird oft auch das kritische Verhalten Papst Innozenz’ III. in den Jahren 1202-1204 als ein Indiz dafür angeführt, dass es sich bei der Ablenkung des Vierten Kreuzzugs nicht um eine Intrige gehandelt haben soll. Sollte der Kreuzzug von Anfang als eine Waffe gegen das reiche Byzanz gedacht gewesen sein, so müsste der Initiator dieses Unternehmens in diese Pläne eingeweiht gewesen sein und diese vorangetrieben haben. Einige Wissenschaftler sehen den Papst als unschuldig an der Wendung des Kreuzfahrerheeres gegen Konstantinopel und behaupten, „that the pope never plotted the capture of Constantinopel [and that his] conduct regarding the crusade in 1202-1204 was consistent and without evident moral fault“.(58) Für die Unterstützung dieser These lassen sich eine Reihe von Quellen sowohl der Chronisten als auch von Innozenz selbst anführen. so erhebt der Papst Einspruch gegen den „wicked plan“ der Eroberung Zaras und exkommuniziert das gesamte Heer:
„We ruled they [=the crusaders] would be bound by the chain of excommunication and denied the benefit of the indulgence that the Apostolic See granted to the crusaders. […] You add sin to sind [and] we admonish all of you and exhort you more intently, and we command you through this Apostolic letter, and we strictly order under the threat of anathema that you neither destroy Zara any more than it has been destroyed up to this point nor cause it to be destroyed.”(59)
Lilie sieht diese Exkommunikation als eine ehrliche und aufrichtige Tat, die Innozenz nicht einfach nur vollzog, um seine Verwicklung in eine Intrige zu verbergen.(60) Der Papst verlangt von den Kreuzfahrern „[to] fully abstain[ing] from similar acts in the future“(61) und bringt auch bei der sich andeutenden Wendung des Heeres gegen Konstantinopel seine klare Ablehnung Haltung zum Ausdruck. Für ihn ist eine Unterstützung Alexios IV. nicht mit dem eigentlichen Sinne und Ziel des Kreuzzuges vereinbar:
„Therefore not one of you should rashly flatter himself that he is allowed to occupy or prey upon the land of the Greeks because it might be too little obedient to the Apostolic See and because the emperor of Constantinople usurped the empire by deposing and also blinding his brother. Truly, however much so this same emperor and the people committed to this jurisdiction did wrong in this or other matters, it is still not your business to judge their crimes. It was not for this, in order to avenge this injury, that you assumed the emblem of the Cross, but rather to avenge the dishonour done the Crucified One, to whose service you have specially appointed yourselves.”(62)
Nachdem das Heer trotzdem die Stadt am Bosporus erobert und geplündert hatte, verurteilt der Papst diese Tat auf das schärfste und wirft des Kreuzrittern vor, die Beziehungen der Lateiner mit den Griechen damit tiefgreifend verschlechtert zu haben:
„You vowed to liberate the Holy Land [but] you rashly turned away form the purity of your vow when you took up arms not against Saracens but Christians. […] The Greek Church has seen in the Latins nothing other than an example of affliction and the works of Hell so that now it rightly detests them more than dogs.”(63)
Der Papst stellte sich also öffentlich gegen die Ablenkung des Vierten Kreuzzugs und nutzte die ihm zur Verfügung stehenden Mittel, um dieses Geschehen zunächst abzuwenden und dann nachträglich zu verurteilen. Wie sich bei der Darstellung der Hypothesen der Intrigentheorie zeigen wird, lässt sich das Verhalten des Papstes aber auch sehr verschieden deuten.
2.3. Widerstand der Kreuzfahrer
Neben dem Papst zeigte auch ein erheblicher Teil des Kreuzfahrerheeres Widerstand gegen die Eroberung Zaras und später gegen die Wendung gegen Konstantinopel. Das Argument der Vertreter der Zufallstheorie ist hierbei, dass man den Kreuzzug nicht als eine Einheit betrachten sollte bei der alle Teilnehmer die gleichen Ziele und Meinungen hatten. Der Kreuzzug bestand vielmehr aus einer Vielzahl an Interessengruppen von denen einige die Geschehnisse ablehnten und verurteilten – von einer vielen Personen umfassenden Intrige könne von daher nicht die Rede sein.(64)
Nach der Exkommunikation durch den Papst ereignete sich laut der Überlieferung Robert von Claris „eine große Auseinandersetzung zwischen den Venezianern und dem einfachen Volk der Kreuzfahrer […], die gut eine Nacht und einen halben Tag andauerte. Die Auseinandersetzung war so heftig, dass die Ritter Mühe hatten, sie voneinander zu trennen.“(65) An anderer Stelle berichtet er vom Widerstand des Adels angeführt von Simon de Monfort:
„Und er [=der Doge Dandolo] bat die Barone, ihm zu helfen. Sie antworteten ihm alle, dass sie ihm gerne helfen würden, mit Ausnahme allein von Simon de Montfort und Herrn Enguerrand de Boves. Sie sagten, dass sie nicht gegen den Befehl des Papstes handeln würden und dass sie nicht exkommuniziert werden wollten. Sie wandten sich um und gingen nach Ungarn, wo sie den ganzen Winter über blieben.“(66)
Auch der Vorschlag Alexios’ IV., ihm zum Thron in Konstantinopel zu verhelfen, stößt bei vielen Kreuzfahrern auf beträchtliche Ablehnung. Villehardouin schildert uns die Diskussionen im Heer mit den Worten:
„Da wurden unterschiedliche Meinungen geäußert. Und der Abt von Vaux […] redete und diejenigen von der Partei, die das Heer auflösen wollten. Und die sagten, dass sie dem überhaupt nicht zustimmen würden, denn das bedeute, gegen Christen zu ziehen, und dafür seien sie überhaupt nicht losgezogen; vielmehr wollten sie nach Syrien gehen. […] So war das Heer uneins.“(67)
Seit dem Beginn des Kreuzzuges hatten immer mehr Kreuzfahrer den Hauptzug verlassen und sind entweder heimgekehrt oder selbst ins Heilige Land gezogen, um die eigentliche Mission des Kreuzzugs zu erfüllen. Besonders nach Eroberung Zaras und nach dem Beschluss, gegen Byzanz zu ziehen, verringert sich das Heer erheblich. Villehardouin schildert sehr umfangreich, dass sich beim Aufenthalt in Korfu der Widerstand gegen eine Eroberung Konstantinopels noch einmal formierte und „dass mehr als die Hälfte des Heers mit ihnen im Einverständnis war.“(68) Diese Uneinigkeit im Heer des Vierten Kreuzzug ist also nicht zu vernachlässigen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der Schuldhaftigkeit der Kreuzfahrer.
Die modifizierte Zufallstheorie wird erst am Anschluss an die Darstellung und Überprüfung der Hypothesen der Intrigentheorie erläutert, da sie die Thesen der letzteren mit in ihre Erklärung des Verlaufs des Vierten Kreuzzugs einbezieht.
3. Eine folgenreiche Intrige
Die Vertreter der Intrigentheorie glauben nicht an die Zufälligkeit der Ablenkung des Vierten Kreuzzugs gegen Konstantinopel sondern sehen in den Quellen Hinweise auf einen möglichen Komplott einiger Kreuzzugsteilnehmer oder auch Außenstehender. Sie berufen sich dabei vor allem auf die Überlieferungen Niketas Choniates und Robert von Clari, die beide vor allem den Venezianern unterstellen, die Eroberung und Plünderung Byzanz’ in die Wege geleitet zu haben. Die Hypothesen der Intrigentheorie umfassen aber noch mehr potentielle Verschwörer als Venedig und seinen Dogen Dandolo. So wird auch die Rolle des Führers des Kreuzzugs, des Markgrafen Bonifaz de Montferrat, skeptisch betrachtet, da er den byzantinischen Thronprätendenten Alexios IV. Angelos ins Spiel bringt und beide enge Kontakte zum deutschen König Philipp von Schwaben haben. Ferner steht auch Papst Innozenz’ III. trotz seiner bereits dargestellten kritischen Reaktionen unter dem Verdacht, dass er durch sein zögerndes Handeln einen Komplott erst ermöglichte. Und schließlich erscheint es unumgänglich, den langjährigen Griechenhass der Lateiner und deren Neid auf die in Konstantinopel lagernden Kreuzesreliquien zu erläutern, wenn man die Verantwortung des gesamten Kreuzfahrerheeres untersuchen möchte.
3.1. Der Einfluss und die Interessen Venedigs
In Bezug auf eine möglicherweise durch die Venezianer vorangetriebene Intrige zur Ablenkung des Kreuzzugs ist zunächst einmal zu fragen, welchen Einfluss Venedig denn überhaupt auf den Verlauf des Unternehmens ausüben konnte. Indem die Führer des Kreuzfahrerheeres sich festgelegt hatten, auf dem Seeweg ins Heilige Land zu fahren, waren sie unumkehrbar von den Transportkapazitäten der Venezianer abhängig. Zudem stellte die Lagunenstadt mit 50 Kriegsschiffen samt Soldaten einen wichtigen Teil des Heeres, das insgesamt aus 200 Schiffen bestanden haben soll. Schließlich litten die Kreuzfahrer durch die bereits geschilderten finanziellen und organisatorischen Probleme unter einer immensen Bringschuld gegenüber ihren venezianischen Vertragspartnern. Venedig war also ausschlaggebend für das gesamte Unternehmen, gegen seinen Willen hätte sich keine Intrige entwickeln können.(69)
Der große Einfluss Venedigs lässt sich nun mit einigen nicht zu leugnenden Interessen und Motivationen der Stadt und seiner Führer verbinden, sowohl wirtschaftliche als auch persönliche und gesellschaftliche.
Aus wirtschaftlicher Sicht hatte Venedig ein Interesse an der Ausschaltung von Byzanz als Handelskonkurrent und Konstantinopel war seit langem ein unliebsamer handels- und machpolitischer Rivale in der Ägäis geworden, der Venedigs Interessen am Schwarzmeerhandel behinderte.(70) Zudem gewährte Byzanz den unmittelbaren Konkurrenten Pisa und Genua Handelsbegünstigungen und der Vierte Kreuzzug könnte somit für Venedig die Möglichkeit „of completing the process of transformation of client of Byzantium to dominion“ dargestellt haben.(71) Selbst der Byzantiner Niketas Choniates berichtet uns von der Konkurrenz und dem Machtkampf zwischen seiner Stadt und den Venezianern:
„Sie [=Byzanz] belegten oft die Venetiker ohne Rücksicht auf die bestehenden Verträge mit Geldstrafen und erhoben einen Zoll von ihren Schiffen, ja sie hetzten sogar die Pisaner gegen sie auf. […] Ruhig zusehen, wie ihre Vormachtstellung an die Pisaner überging, schien ihnen [=Venedig] unerträglich. Es war offensichtlich, dass sie sich in Kürze gegen die Rhomäer auflehnen würden.“(72)
Neben diesen wirtschaftlichen Interessen könnten aber auch die persönlichen Motivationen des venezianischen Dogen Dandolo, der eine der entscheidenden und einflussreichsten Personen des Vierten Kreuzzugs darstellte, eine Rolle gespielt haben. Der oft als ein kühner Realpolitiker großen Formats beschriebene Dandolo war während einer offiziellen Gesandtschaft am Kaiserhof zu Konstantinopel gefangengenommen und geblendet worden und sei laut Choniates seitdem „der ränkesüchtigste und gehässigste Feind der Rhomäer“ gewesen.(73) Nach den Worten Choniates „verband sich Dandulos zu gemeinsamem Handeln [=mit den Kreuzfahrer] und brachte sie dazu, dass sie sich mit ihm verschworen, einen Zug gegen die Rhomäer zu unternehmen.“(74) Ebenso schildert Robert de Clari in seiner Überlieferung den Dogen Dandolo als die treibende Kraft hinter der Wendung des Kreuzzugs gegen Byzanz. Er behauptet, es sei Dandolo gewesen, der die Eroberung Konstantinopels vorgeschlagen habe, „wenn wir [=die Kreuzfahrer] einen vernünftigen Grund finden können, um dorthin zu gehen“ und er sei auch ausschlaggebend dabei gewesen, die Barone von dieser Ablenkung des Kreuzzugs zu überzeugen, indem „er ihnen nachdrücklich dazu rate.“(75)
Die Feindselig des Dogen gegenüber Byzanz ließ sich aber auch auf die Mehrheit der Venezianer übertragen. Die Verhaftung sämtlicher Venezianer in Konstantinopel 1171 und der Einzugs all ihrer Güter und schließlich das Massaker an den Lateinern der Stadt im Jahre 1182 hatten zu großen Rachegefühlen geführt. Der byzantinische Zeitzeuge Eustathios von Thessaloniki beschreibt dieses Massaker als „a bestial act [that] cannot be compared with any other form of madness“ und die Überlieferungen Choniates’ zeigen, dass die Byzantiner sich bewusst waren, dass die Venezianer „eine Gelegenheit zu Rache herbeizuführen bestrebt waren.“(76)
Die moralischen Argumente für eine Eroberung Konstantinopels und die rechtmäßige Einsetzung Alexios IV. vermischten sich für Venedig also auch mit nicht unerheblichen wirtschaftlichen und kulturellen Motivationen.
3.2. Die Rolle Bonifaz’, Philipps von Schwaben und Alexios’ IV.
Bonifaz de Montferrat, König Philipps von Schwaben und Alexios IV. Angelos müssen in ihrem Wirken und Einfluss auf eine mögliche Intrige gemeinsam betrachtet werden, denn sie bilden sozusagen eine Interessengruppe für sich. Da alle miteinander verwandt waren und somit Bonifaz und Philipp enge Beziehungen nach Byzanz hatten, regte sich schnell der Verdacht, dass die beiden letzteren das Kreuzzugsheer geschickt gegen Konstantinopel wendeten, um ihrem Verwandten Alexios IV. zum Throne zu verhelfen.(77)
Clari zufolge bringt Bonifaz den jungen Alexios erst ins Spiel („Dort [=am Hofe Philipps] habe ich einen jungen Mann gesehen“) und wirbt für die Unterstützung dessen Sache, wobei er den Kreuzfahrern geschickt darlegt, dass „wer diesen Mann für sich haben könnte“ den Kreuzzug retten und erfolgreich ins Heilige Land führte könnte.(78) Clari berichtet zudem:
„Der Markgraf unternahm größere Anstrengungen als jeder andere, daß man nach Konstantinopel ging, denn er wollte sich für eine Schmach rächen, die ihm der gegenwärtige Kaiser von Konstantinopel angetan hatte.“(79)
Während Villehardouin hier sehr das legalistische Argument einer rechtmäßigen Einsetzung Alexios’ IV. betont(80), darf nicht vergessen, dass gerade Bonifaz von einem Thronwechsel in Byzanz sehr profitieren könnte, denn ihm war von Isaak II (der Vater von Alexios IV.) die Hand von dessen Schwester Theodora angeboten worden.(81) Neben diesen machtpolitischen Interessen sind Bonifaz auch sehr persönliche Rachegelüste gegenüber den herrschenden Byzantinern zu unterstellen, da von seinen Brüdern der eine von den Rhomäern ermordet wurde und der andere aus Angst um sein Leben von dort fliehen musste.(82)
Viele Wissenschaftler gehen auch davon aus, dass König Philipp von Schwaben mit Sicherheit seine Hand im Spiel hatte und den Kreuzzug nach seinen Interessen zu gestalten versuchte.(83) Durch seine Ehe mit der Byzantinerin Irene, der Schwester Alexios IV., war Philipp mit byzantinischen Machtfragen direkt verbunden und die Überlieferungen Villehardouin, Claris und Choniates weisen darauf hin, dass Alexios vor seiner Ankunft in Zara noch bei Philipp in Deutschland gewesen war. Choniates berichtet, dass Philipp zusammen mit dem Papst den Kreuzfahrern „die größten Gnaden verhießen, wenn sie sich des Alexios annähmen und ihn in sein väterliches Reich zurückführen wollten.“(84) Durch seine Auseinandersetzung gegen den deutschen Gegenkönig Otto IV. von Braunschweig war Philipp an der Realisierung der normannisch-staufischen Pläne gegen Byzanz gehindert, die eine schon von Heinrich IV. beabsichtigte Eroberung des byzantinischen Reiches vorsahen. Der Vierte Kreuzzug könnte für Philipp somit die Möglichkeit dargestellt haben, diese Pläne durch die Hände anderer doch zu verwirklichen und gleichzeitig Papst Innozenz III. in dessen Einfluss auf den deutschen Thronstreit zu schwächen, in dem sich dieser mit der Ablenkung seines Kreuzzugs beschäftigen musste.(85)
Die Rolle des jungen Alexios IV. gleicht der des Mittels zur Durchsetzung der Interessen Bonifaz’ und Philipps. Choniates bezeichnet ihn als den „beschönigenden Vorwand“ für die Führer des Kreuzzugs, um das Ziel der Eroberung Konstantinopels zu erreichen, und stellt ihn als einen „kindischen Tropf“ dar:
„Diese gewissenlosen und schlauen, geschäftstüchtigen Männer [=die Führer des Kreuzzugs] bearbeiteten Alexios, der nicht bloß seinem alter nach, sondern noch mehr seinem verstand nach ein Kind war, und beschwatzten ich, ihnen eidlich zuzusichern, was er unmöglich erfüllen konnte. Sie forderten ein Meer von Geld, und der kindische Tropf nickte dazu.“(86)
Der junge Alexios versprach also mit der Freigiebigkeit eines Prätendenten das Blaue von Himmel(87), so wie es ihm seine Unterstützer sogar laut der Überlieferung Villehardouins geraten hatten: „Und wenn sie Euch helfen wollen, werdet Ihr alles tun, was sie Euch mit Worten sagen. Vielleicht wird sie das Mitleid ergreifen.“(88)
Für Mayer und Lilie hängt die gesamte Intrigetheorie gegenüber Bonifaz, Alexios und Philipp von der Frage ab, wann genau Alexios nach Europa kam, doch diese Frage sei nicht definitiv zu beantworten.(89) Die beiden wichtigsten Quellen, Villehardouin und Choniates, widersprechen sich in diesem Punkt: Choniates lässt Alexios vor Beginn des gesamten Unternehmens erscheinen, während er Villehardouin zufolge erst so spät in Erscheinung tritt, dass eine geplante und längerfristig vorbereitete Intrige gar nicht möglich wäre.
3.3. Die zögernde Haltung Papst Innozenz’ III.
Trotz der bereits in Kapitel 2.2. dargestellten Reaktionen Papst Innozenz’ III. auf die Ablenkung des Kreuzzugs sowohl gegen Zara als auch Konstantinopel, bleibt die Rolle des Papstes bei kritischer Betrachtung zwielichtig. Durch sein oft zögerndes und uneindeutiges Verhalten hat er es selbst verschuldet, dass man auch ihn im Kreis der Verschwörer einer möglichen Intrige vermutet.(90) Auch der Papst war von einer nicht zu unterschätzenden Feindschaft gegenüber den Byzantinern geprägt und das Streben nach einer Union der beiden Kirchen unter Roms Bedingungen wird ihm oft nachgesagt.(91) Gunther von Pairis beschreibt das Verhältnis des Papstes gegenüber Byzanz wie folgt:
„Es haßte aber der Papst […] jene Stadt [=Byzanz] seit geraumer Zeit, denn schon lange hatte sie sich gegen die römische Kirche aufgelehnt, und in einigen Glaubensartikeln […] wichen sie vom katholischen Glauben ab. Er haßte sie also […] und hatte den Wunsch, sie, wenn möglich durch katholisches Volk ohne Blutvergießen erobert zu sehen, wenn er eben nicht eine Niederlage unseres Heeres hätte befürchten müssen.“(92)
Pairis berichtet, dass der Papst „sich um die Sache des Kreuzes am meisten Sorgen machte“(93) und als Initiator des Vierten Kreuzzugs wollte er ein Auseinanderbrechen des Heeres und eine Auflösung des Kreuzzugs vermeiden, auch wenn dies ein hohen Preis verlangen würde.(94) Pairis zitiert den Papst mit den Worten,
„es sei wohl eher verzeihlich und weniger verwerflich, mit einem kleinen Übel ein großes Gut zu erkaufen als das Kreuzzugsgelübde unerfüllt zu lassen und durch Umkehr den Seinen mit der Sünde auch die Schande heimzubringen.“(95)
Auch Villehardouin berichtet uns vom Willen des Papstes, den Kreuzzug zusammenzuhalten, als dieser die Exkommunikation der Kreuzritter nach der Eroberung Zaras aufhebt:
„Und der Papst sagte zu den Beauftragten, dass er wohl wisse, dass sei aufgrund des Ausfalls der anderen hätten so handeln müssen und er großes Mitleid deswegen habe […] und dass er ihnen als seinen Söhnen die Absolution erteile und er ihnen auftrage und sie bitte, das Heer zusammenzuhalten.“(96)
Papst Innozenz hatte den Kreuzrittern die Plünderung der Küstenstädte an der Adria erlaubt, um das an Geldmangel leidende Heer mit genügend Vorräten zu versorgen(97), und damit legitimierte er das gewaltsame Verhalten des Heeres auf dem Weg ins Heilige Land – eine Plünderung Konstantinopels erschien somit weniger unmoralisch und weniger unrechtmäßig.
Der Papst hatte bei einem Krieg im Namen und mit dem Willen Gottes als Kirchenoberhaupt und Vertreter Christi auf Erden eine entscheidende und einflussreiche Stellung in der Machkonstellation des Vierten Kreuzzugs, zumal er ja selbst zu diesem aufgerufen hatte. Umso schuldhafter erscheint in diesem Lichte sein allzu zögerndes Verhalten. Queller wirft ihm vor, seinen Brief an die vor Zara lagernden Kreuzritter zynischerweise so spät abgeschickt zu haben, dass er von einem zu späten Eintreffen ausgehen konnte. Dieser Brief sei wohl eher für die Akten gedacht gewesen als wirklich ein Versuch, die Eroberung und Plünderung Zaras zu verhindern.(98) Andrea prangert „questionable sophistry“ des Papstes an und kritisiert, dass er seine Rolle als Papst und Herr des Kreuzzuges nicht verantwortungsvoll wahrgenommen hat. Gegen die sich anbahnende Wendung des Kreuzzugs gegen Konstantinopel unternimmt Papst Innozenz erst wirklich etwas als die Flotte schon unterwegs ist.(99)
3.4. Der langjährige Griechenhass der Lateiner
Die Feindschaft der Kreuzfahrer gegenüber den Byzantinern beschränkte sich nicht nur auf die Venezianer, sondern es kann von einem allgemeinen Griechenhass der Lateiner gesprochen werden, der hinter der Eroberung und Plünderung Konstantinopels steht. Dieser hatte sich seit dem Ersten Kreuzzug aufgestaut und die Feindschaft entlud sich 1204 in ihrem größten und schändlichsten Triumph.(100) Die Wendung des lateinischen Kreuzfahrerheeres gegen Byzanz kann als eine Begleichung alter Rechnungen und als ein Rachefeldzug der Lateiner begriffen werden.(101)
Seit dem Schisma von 1054 betrachteten die Lateiner die Griechen als Abtrünnige und Häretiker und als Feinde des wahren Glaubens. Ihre Ablehnung einer Teilnahme an den Kreuzzügen stieß auf Unverständnis bei den Kreuzfahrern, denn sie widersetzten sich damit dem Primat des Papstes, und sie betrachteten Byzanz mehr und mehr als ein Hindernis für die Kreuzzugsidee.(102) Nach den Übergriffen auf Lateiner 1171 und 1182 und nach dem Bündnis Byzanz’ mit Saladin wurde Konstantinopel mehr als ein Feind als ein Verbündeter und Freund betrachtet. Schon Wilhelm von Tyrus bezeichnete aufgrund seiner Erfahrungen aus dem Zweiten Kreuzzug die Griechen als eine „perfidious Greek nation, a brood of vipers, like a serpent in the bossoum [that] evilly requite their guests“.(103) Aufgrund dieser sich vertiefenden Feindschaft hat es schon zur Zeit des Dritten Kreuzzugs Angriffspläne auf Konstantinopel gegeben.(104) Der Hass beruhte auf Gegenseitigkeit wie die Worte Choniates zeigen, wenn er schreibt:
„Between us and them is set the widest gulf. We are poles apart. We have not a single thought in common. They are stiff-necked, with a proud affection of an upright carriage and love to sneer at the modesty and smoothness of our names. But we look upon their arrogance and boasting and pride as a flux of the snivel which keeps their noses in the air and we tread them down by the might of Christ.”(105)
Nach dem Mord an Alexios IV. durch seine eigenen Landsleute im Januar 1204 entlud sich schließlich der gesamte Hass der lateinischen Kreuzritter gegenüber ihren eigentlichen Gastgebern und sie plünderten und mordeten in der ganzen Stadt. Lilie stellt die These auf, dass in Berücksichtigung dieser tiefen Feindschaft zwischen Byzanz und dem Westen die Wendung des Kreuzzugs gegen Konstantinopel nicht verwunderlich ist, sondern vielmehr, dass dies nicht schon früher erfolgte wo doch der geistige Nährboden für einen solchen Konflikt schon lange bestand.(106)
3.5. Die Bedeutung der Kreuzesreliquien
Eine nicht unwichtige Rolle spielte auch die in Konstantinopel lagernde größte Reliquiensammlung der mittelalterlichen Welt, die eine nicht zu unterschätzende Anziehungskraft auf die Kreuzritter ausübte. Frolow und Kindlimann sehen die Wiedergewinnung der heiligen Kreuzesreliquien als mit ausschlaggebend für die Ablenkung des Vierten Kreuzzugs und behaupten, man habe die große Masse der normalen Kreuzfahrer mit der Schilderung des unermesslichen Reichtums an Reliquien und Schätzen in Byzanz geködert.(107) Die Griechen wurden als des Besitzes dieser Reliquien unwürdig betrachtet und somit sollten die heiligen Reichtümer wieder zurück in die Hände der wahrhaft Würdigen geführt werden. Gunther von Pairis bringt diese Empfindung der byzantinischen Unwürdigkeit und den Neid auf den Reichtum Konstantinopels deutlich zum Ausdruck:
„Denn es schien wohl zweckmäßig, wenn dieses Volk, das anders nicht gebessert werde konnte, mit dem Tode von einigen wenigen und dem Verlust an zeitlichen Gütern bestraft wurde, an denen es immer reicher geworden war, wenn auch as Pilgervolk sich bereicherte an der Beute der Hoffärtigen und ihr ganzes Land in unseren Besitz überging und wenn die abendländische Kirche erleuchtet wurde von den allerheiligsten Reliquien, deren jene sich unwert erwiesen hatten, und sich für ewig an ihnen erfreute.“(108)
Diese Aussicht auf eine äußerst bereichernde Plünderung kam der notorischen mittelalterlichen Beutegier sehr entgegen. Plünderungen gehörten zu Normalität eines Kreuzzuges und waren eine wichtige Motivation zur Teilnahme für viele Kreuzritter.(109) Die Bedeutung der Kreuzesreliquien zur Überzeugung der einfachen Kreuzfahrer von einer Ablenkung des Kreuzzugs darf also nicht vernachlässigt werden.
4. Ein Fazit: Die modifizierte Zufallstheorie
Die Darstellung und Überprüfung der Hypothesen der beiden Großtheorien haben gezeigt, dass man die Ablenkung des Vierten Kreuzzugs aus einer Fülle von Perspektiven betrachten und somit eine Reihe von Gründen finden kann. Zufälle vermischten sich mit vielem bewusstem Handeln einzelner Akteure, aber die Quellenlage erlaubt keine eindeutige Festlegung auf eine Ursache, die für die Wendung des Heeres gegen Byzanz ausschlaggebend war.
Die Annahme einer von langer Hand und sorgfältig geplanten Intrige ist abzulehnen, doch die Behauptungen der einzelnen Hypothesen sollten in ein Gesamturteil über den Vierten Kreuzzug miteinfließen. Die organisatorischen und finanziellen Probleme zu Beginn des Kreuzzugs vermischten sich mit subtilen Interessen und Motivationen einzelner Akteure und dies zusammen führte letztendlich zur Eroberung Konstantinopels. Niemand plante von vorne herein, gegen Byzanz zu ziehen, aber als klar wurde, dass der Kreuzzug nicht ohne weiteres direkt ins Heilige Land übersetzen kann, nutzten einige einflussreiche Teilnehmer und Außenstehende die Schwäche des Kreuzzugs zu ihrem Vorteil. Für ihre Ideen fanden sie genügend Unterstützung bei sowohl anderen wichtigen Persönlichkeiten als auch den normalen Kreuzfahrern. Die historische Wahrheit liegt also in einem gewissen Mix der beiden Theorien, nämlich in der von Norden eingebrachten modifizierten Zufallstheorie.(110) Durch die Organisation des Kreuzzugs als ein Armutskreuzzug ohne Kaiser und Könige wurde sein Misserfolg vielleicht schon vorprogrammiert, die Frage war nur wie sich dieser Misserfolg gestalten oder gegen wen er sich richten würde. Es war wohl unvermeidlich, dass die Existenz eines kampfbereiten Heers von über 30 000 Mann, das eigentlich nur auf die Bestimmung eine Angriffsziels wartete, zu einem Missbrauch und einer Pervertierung des Kreuzzugsgedankens durch einflussreichen Interessen führen musste. Ein solch schlagkräftiges Heer, das keinen Gegner fürchten musste – außer den eigentlichen Feind in Pälestina – musste sich wohl allein des Selbsterhalt willens gegen eine zu plündernde Stadt wenden. Queller/Madden schreiben, „the crusade had a momentum of ist own“(111) – vor diesem Hintergrund lag etwas intrigenhaftes wenn dann darin, dass sich der Kreuzzug gegen Konstantinopel richtete und nicht irgendeine andere Stadt.
Ein Kreuzzug ist kein Normalfall, er versteht sich als ein gerechter Krieg, dessen Moral alle Mittel rechtfertigt und der eine extreme Atmosphäre der Gerechtigkeit mit sich bringt.(112) Seine Krieger glauben für eine gerechte Sache zu kämpfen und im Nachhinein auch gekämpft zu haben und von daher wird man in den Überlieferungen seiner Teilnehmer kein Schuldeingeständnis finden können.
Der historische Fall der Ablenkung des Vierten Kreuzzugs gegen Konstantinopel scheint die Schwierigkeit der Objektivität in der Geschichtswissenschaft exemplarisch zu veranschaulichen. Viele haben eine Antwort auf die Problematik der Ablenkung gefunden, indem sie die Quellen subjektiv beurteilten und mit ihrer Analyse und Forschung ein bestimmtes Ziel verfolgten. Eine wirklich objektive und eindeutige Antwort ist aber nicht möglich, denn die Quellen widersprechen sich und ihre Schnittmenge ist gering und nicht aussagefähig genug.
Bibliographie
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- Mas Latrie, Lous de : Histoire de l’île de Chypre sous le règne des princes de la maison de Lusignan, 3 Bände, Paris 1852-61.
- Hopf, Karl: Geschichte Griechenlands, in: Ersch, J. S./Gruber, J. G.: Encyclopädie, Band 85-86, Leipzig 1867-68; Hopf wurde 1877 von Hanotaux und Streit widerlegt.
- Andrea, Alfred J./Moore, John C.: A Question of Character: Two Views on Innocent III and the Fourth Crusade, in: Sommerlechner, A. (Hrsg.), Innocenzo III. Urbs et Orbis. Atti del Congresso Internazionale Roma, 9-15 Settembre 1998, Rom 2003, S. 527.
- Andrea/Moore: A Question of Character…, S. 581-85.
- Norden, Walter: Das Papsttum und Byzanz. Die Trennung der beiden Mächte und das Problem ihrer Wiedervereinigung bis zum Untergange des byzantinischen Reichs (1453), Berlin 1903.
- Philipps, Jonathan: The Fourth Crusade and the Sack of Constantinopel, London 2004, S. xv-xvi; Siehe auch die Erläuterungen zur Quellenbasis von: Andrea, Alfred J: Essay on Primary Sources, in: Queller,./ Madden 1997, S. 299-313.
- Sollbach 1998, S. 14; Andrea, in: Queller/Madden 1997, S. 299, 302.
- Sollbach 1998, S. 16.
- Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 300.
- Siehe z. B.: Sollbach 1998, S. 11-13; Lilie, Ralph-Johannes: Byzanz und die Kreuzzüge, Stuttgart 2004, S. 226-228; Andrea hingegen misst Villehardouin ein hohes Maß an Authentizität bei, siehe: Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 299-302.
- Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 308.
- Andrea/Moore: A Question of Character …, in: Sommerlechner 2003, S. 581, 585.
- Sollbach 1998, S. 16.
- Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 302; siehe auch: Sollbach 1998, S. 14.
- Siehe auch die Ausführungen von Lilie 2004, S. 228-9.
- Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 303-4.
- Ibid., S. 303; siehe auch: Devestatio Constantinopolitana, translated and edited by Andrea, Alfred J.: Contemporary Sources for the Fourth Crusade, Leiden/Boston/Köln 2000, S. 205-221.
- Lilie 2004, S. 230.
- Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 305.
- Orth, Peter, in: Gunther von Pairis: Hystoria Constantinopolitana. Untersuchungen und kritische Ausgabe von Peter Orth, in: Wagner, Fritz / Maaz, Wolfgang: Spolia Berolinensia. Berliner Beiträge zur Mediävistik, Band 5, Hildesheim / Zürich 1994, S. 86.
- Ibid., S. 310-1; siehe auch: Harris, J.: Distortion, Divine Providence and Genre in Nicetas Choniates’s Account of the Collapse of Byzantium 1180.1204, in: Journal of Medieval History, Nr. 26, 2000, S. 19-31.
- Siehe z. B.: Bryer, Antony: The first encounter with the West. AD 1050-1204, in: Whitting, Philip: Byzantium. An introduction, Oxford 1981, S. 83-110.
- Harris: Distortion…, 2000, S. 20, 24, 29-31; Lilie 2004, S. 217; Andrea: Essay on Primary Sources, in: Queller/Madden 1997, S. 310.
- Für eine Interpretation siehe: Gordon, Jared: The Novgorod Account of the Fourth Crusade, in: Byzantion, 43, 1973, S. 297-311; Patri, Sylvain: La relation russe de la quatrième croisade, in: Byzantion, 58, 1988, S. 461-501.
- Für weitere Erläuterungen zur Chronique de Ernoul siehe auch: Morgan, M. R.: The Chronicle of Ernoul and the Continuations of William of Tyre, Oxford 1973.
- Siehe hierzu: Andrea, Alfred J.: Cistercian Accounts of the Fourth Crusade. Were they anti-Venezian?, in: Analecta Cisterciensia, 41, 1985, S. 3-41.
- Queller, Donald E./Day, Gerald W.: Some Arguments in the Defense of the Venetians on the Fourth Crusade, in: American Historical Review, Band 81, Nr. 4, Oktober 1976, S. 718.
- Queller /Day: Some Arguments …, 1976, S. 722; Philipps, Jonathan: The Fourth Crusade and the Sack of Constantinopel, London 2004, S. 312.
- Lilie 2004, S. 160, 165.
- Villehardouin XLIX, LV.
- Ders. LVII, LIX.
- Villehardouin LVII; siehe auch LXI.
- Mayer 2000, S. 174.
- Villeharouin XCVII :
- Clari XI, XII.
- Ders. XIII.
- Pairis XI.
- Clari XIII.
- Queller/Day: Some Arguments …, 1976, S. 726.
- Clari XI.
- Villehardouin LV.
- Philips 2004, S. 315.
- Clari XVI.
- Villehardouin C, CI.
- Clari XVII.
- Villehardouin XCII.
- Clari XVII.
- Villehardouin LXX-LXXII; Pairis XVIII.
- Maleczek, Werner: Petrus Capuanus. Kardinal, Legat am Vierten Kreuzzug, Theologe, Wien 1988; Lilie 2004; Andrea/Moore: A Question of Character …, in: Sommerlechner 2003, S. 584-5.
- Innozenz III., Reg. 5:160 (161), 15.-31. Dezember ? 1202.
- Lilie 2004, S. 167.
- Innozenz III., Reg. 5: 161 (162), Februar ? 1203.
- Ders., Reg. 6: 101, ca. 20. Juni 1203.
- Innozenz III., Reg. 7: 156, ca. August 1204.
- Lilie 2004, S. 167.
- Clari XV.
- Ders. XIV.
- Villehardouin XCV, XCVII.
- Ders. CXIII-CXVIII; Zitat in CXIV.
- Lilie 2004, S. 169.
- Schreiner, Peter: Byzanz, in: Bleicken, Jochen/Gall, Lothar/Jakobs, Hermann (Hrsg.): Oldenburg Grundriss der Geschichte, München 1994, S. 136; Thorau, Peter: Die Kreuzzüge, München 2004, S. 98; Lilie 2004, S. 166.
- Angold, Michael: The fourth crusade. Event and Context, Harlow (u. a.) 2003, S. 76; Mayer 2000, S. 177; Für den Versuch einer Widerlegung dieser Behauptungen gegen Venedig siehe: Queller /Day: Some Arguments …, 1976; Ders. / Madden, T. F.: Some Further Arguments in the Defense of the Venetians on the Fourth Crusade, Byzantion 62, 1992, S. 433-73.
- Choniates 713.
- Ders. 713.
- Ders. 714.
- Clari XVII, XXXIX.
- Eustathios, S. 35; Choniates 713; siehe auch: Philips 2004, S. xxi-ii; Harris, Jonathan: Byzantium and the Crusades, London (u. a.) 2003, S. 116-20, 310.
- Siehe weitere Erläuterungen bei: Lilie 2004, S. 168-9; Mayer 2000, S. 175-6; Sollbach 1998, S. 13.
- Clari XVII.
- Ders. XXXIII.
- Villehardouin LXXI-LXXII.
- Sollbach 1998, S. 13.
- Philips 2004, S. 310; Clari weist ebenfalls auf die Rachegelüste Bonifaz’ hin: Clari XXXIII.
- Mayer 2000, S. 178; Sollbach 1998, S. 12.
- Choniates 715.
- Mayer 2000, S. 178; Sollbach 1998, S. 12.
- Choniates 715.
- Mayer 2000, S. 176.
- Villehardouin LXXI.
- Siehe Erläuterungen bei: Mayer 2000, S. 178; Lilie 2004, S. 167.
- Mayer 2000, S. 176; Für eine umfassende Analyse der Rolle des Papstes siehe: Andrea/Moore: A Question of Character …, in: Sommerlechner 2003, S. 525-585;
- Angold 2003, S. 77; Schreiner 1994, S. 136; Mayer 2000, S. 181; Queller/Madden 1997, S. 63; Philips 2004, S. xxi, 310.
- Pairis 8, S. 54-55; Andrea sieht diese Einschätzung Pairis als verlässlich an, siehe: Andrea/Moore: A Question of Character …, in: Sommerlechner 2003, S. 584.
- Pairis 8, S. 55,
- Queller/Madden 1997, S. 63; Mayer 2000, S. 176.
- Pairis 6, S. 47.
- Villehardouin CVII.
- Innozenz III, Reg. 6 : 102, ca. 20. Juni 1203; Pairis 8, S. 55.
- Queller/Madden 1997, S. 65-6.
- Andrea/Moore: A Question of Character …, in: Sommerlechner 2003, S. 525, 582-5; Mayer 2000, S. 176.
- Kindlimann, Sybill: Die Eroberung Konstantinopels als politische Forderung des Westens im Mittelalter. Studien zu Entwicklung der Idee eines lateinischen Kaiserreichs in Byzanz, Zürich 1969; Lilie 2004, S. 169; Schreiner 1994, S. 136; Mayer 2000, S. 180.
- Philips 2004, S. 310.
- Godfrey 1980, S. 10; Lilie 2004, S. 155; Philips 2004, S. 310.
- Wilhelm von Tyrus 12, S. 465.
- Lilie 2004, S. 149; Godfrey 1980, S. 9.
- Choniates 167.
- Lilie 2004, S. 231.
- Frolow, Anatole: Recherches sur la déviation de la IVe croisade vers Constantinople, Paris 1955; Kindlimann 1969 ; Mayer 2000, S. 176-7.
- Pairis 11, S. 63-4.
- Mayer 2000, S. 176-7; Godfrey 1980, S. 3; Philips 2004, S. 313-4.
- Norden 1903.
- Queller/Madden 1997, S. 66.
- Lilie 2004, S. 168-9.