Epidemien und Seuchen im Mittelalter

Epidemische Krankheiten konnten sich im Mittelalter besonders gut ausbreiten, da relativ wenig auf Hygiene geachtet wurde und man kaum Gegenmittel kannte – man wusste ja noch nicht einmal, woher die Krankheiten kamen. So gab es Wellen verschiedenster Krankheiten, die sich über das gesamte Gebiet des heutigen Deutschlands oder Europas ausbreiteten. Manchmal rafften diese Epidemien (oder gar Pademien) sogar den größeren Teil der Bevölkerung dahin.

Die folgende Liste sammelt alle in mittelalterlichen Aufzeichnungen auffindbaren Beschreibungen der großen und kleineren Epidemien. Somit ist dies eine wunderbare Übersicht über die schrecklichen Krankheiten und deren Auswirkungen auf das Leid der Bevölkerung.

Auflistung aller mittelalterlichen Krankheitswellen

Um 406: Seuchen

Zu jener Zeit erhoben sich mehrere nördliche Völker und strebten südwärts. In den römisch besetzten Provinzen herrschte Krieg. Seuchen und Hungersnöte erschienen ebenfalls zu dieser Zeit. (Idatius.)

443: Pestilenz

Im Jahr 443 litt Spanien unter einem Mangel an Lebensmitteln und unter eine Pestilenz (Seuche, nicht: Pest).

541: Pocken?

In diesem Jahr herrschte eine Seuche, bei der auf der Haut Pusteln und Blasen ausbrachen.

542: lang andauernde Pestepidemie

Von Ägypten her breitete sich eine Seuche (Pest =Seuche. Wobei die hier beschriebene Pest später tatsächlich als die Justinianische Pest in die Geschichte einging) aus, die dann auf Antiochien übergriff, das von dem Perser-Heer eingenommen wurde. Daraufhin gelangte die Pest nach Konstantinopel und schließlich über ganz Europa. Diese Seuche wütete lange Zeit und dauerte noch an, als Evagrius im Jahr 594 seine Geschichte schrieb.

In dieser Zeit verbreitete sich die Krankheit in Perioden von 15 Jahren immer wieder mit erneuter Heftigkeit. So wurden manche Städte drei oder sogar vier Mal von der gleichen Seuche heimgesucht – wie z. B. auch Antiochien.

Ausbreitung der Pestepidemie

Die Ausbreitung konnte durch nichts eingeschränkt werden. Egal, in welcher Ecke der Erde man sich befand – die Krankheit drang überall hin. Auch konnte sie jeden Menschen befallen – unabhängig von seiner körperlichen Beschaffenheit, seines Temperaments, seiner Lebensart, seiner Nahrungsweise etc. Niemand war sicher.

Die Geschichte dieser Pestepidemie ist schwer zu beschreiben. Viele Geschichtsschreiber beschreiben sie nur auf dem Höhepunkt ihres Wütens, selbst wenn sie bspw. selbst an Kind daran erkrankt waren. Als diese Pestepidemie sich das erste Mal nach der Eroberung von Antiochien im Frühling anfing auszubreiten, beschränkte sie sich (wie das Gelbfieber) allein auf die Seeküsten.

Beschreibung der Symptome der Pestepidemie

Am Anfang beginnt es eher mit heftigem Fieber, teils mit Kopfaffektion, starkem Schlagen der Ohrdrüsen, schreckhaften Phantasien oder Blödsinn; teils auch mit ununterbrochenem Husten und Halsschmerzen.

Manche starben während des heftigsten Bluterbrechens. Und manchmal endete es in Gangrän (Gangrän bedeutet, dass das Gewebe abstirbt. Oft sind Zehen oder Finger betroffen, die sich dann schwarz färben und tot sind. Dies ist meiste eine Folge von einer Unterversorgung der Extremitäten mit Sauerstoff, z. B. aufgrund von Blutknappheit oder weil das Blut nicht genügend Sauerstoff bekommt).

Psychische Folgen der Pestepidemie

Wie es in Zeiten großer Epidemien oft der Fall ist, befiel die Gemüter der Menschen große Angst; und noch vor dem sichtbaren Ausbruch der Krankheit glaubten die Erkrankenden, von den Gespenstern der Verstorbenen verfolgt und getroffen zu werden. Oder sie glaubten, Stimmen zu hören, die ihnen den Tod verkündeten, woraufhin sie unter Anrufung der Heiligen in die Kirchen rannten oder sich an abgelegene Orte begaben und sich ins Wasser stürzten.

Vielleicht spielte hier auch die Lykanthropie eine Rolle, die ja damals gleichzeit mit den Pocken erwähnt wurde (Lykanthropie ist die Verwandlung von einem Menschen in einen Wolfsmenschen (Werwolf)).

555: Seuche unter den Alemannen in Rom

In diesem Jahr brach nach der Eroberung Roms unter den alemannischen Soldaten eine Seuche aus. Als Grund erklärte man das gemächliche Leben nach den Strapazen des Krieges.

Beschreibung der Seuche

Die Befallenen gingen schon längere Zeit eher betäubt umher, bis da Übel in wahrer Wut ausbrach. Manche waren wie verblendet und taumelten unter schrecklichem Geschrei bis ihnen Schaum vor den Mund trat und sie niederstürzten. Dabei rollten sie die Augen entsetzlich, während der Kranke in der wildesten Wut sogar in seine Gliedmaßen biss und diese wie ein wildes Tier zerfleischte.

Es kamen überhaupt wenige Alemannen aus Rom zurück. Manche erlagen auch der Gewalt des Fiebers, Andere starben plötzlich an Apoplexie (Schlaganfall) oder an dem heftigsten Kopfschmerz und an einer Art von Ekstase.

Ähnliche Seuche unter den Franken

Ganz ähnlich war auch die Krankheit, die unter dem fränkischen Heer, das Leuthari aus Unteritalien zurückführte, ausbrach. Auch hier entstand das Übel neben der Schädlichkeit der Umgebung während der Ruhe, die zu schnell auf das Kriegstreiben folgte.

Mal war es Brennfieber, bei dem die Kranken mit vollkommener Besinnung dahin starben, mal war es mehr Betäubung oder wildes Delirium. Kurz, es war ein unterschiedliches Bild der Krankheit, bei allen aber derselbe Ausgang: der Tod.

557: Die zweite Welle: Justinianische Pest

15 Jahre nach dem Ausbruch der ersten Pestwelle greift ab dem Frühling des Jahres 557 die zweite Welle der Pest um sich. Zuerst wieder von Antiochien her nach Konstantinopel. Diesmal aber bildete sich aber druch den immer weiter mutierenden Pesterreger (Yersinia Pestis) eine neue Form der Pest aus: Bubonen oder Beulen. Zum ersten Mal sprechen die Zeitzeugen jetzt auch von der Justinianischen Pest (pestis inguinaria).

Beulenpest

Ein Schriftsteller aus dem 16. Jahrhundert schreibt auch, dass diese Pest von anderen Pestilenzen (Seuchen) zu unterscheiden sei:

Es war auch ein grosser Hunger und Theurung, es fielen die Leute dahin wie das Vieh, und ein grosser Sterb, vor unerhöhrt bey den Gemächten, fuhr es urbering den Leuten auff, und sturben also von Stund an, darum heissets im Latein inguinaria, von den Teutschen die Beul, Pestilentz ist ein andress gewesen, wie wol mans jezt für ein Ding nimpt. (Quelle: Aventini Chronica. Frankf. am Mayn 1576. Fol. S. 309.)

Von dieser Epidemie, die im Jahr 558 vier Monate lang in Konstantinopel gewütet hatte, berichten die Zeitzeugen, dass sich die Bubonen hauptsächlich bei Kindern gezeigt hätten. Diese krankhafte Metamorphose begann folglich in den biegsameren, weniger ausgebildeten jugendlichen Organismen, die zur Ausbildung neuer pathologischer Formen besser geeignet war als der von Erwachsenen.

Verbreitung der Beulenpest

Die Bubonen und das in ihnen gebildete Contagium (ansteckende Substanz) sind es, durch die die Krankheit erst denjenigen Grad der Selbständigkeit erhielt, durch die sie sich ausbreiten konnte (Anmerkung: nicht belegte Behauptung des damaligen Autors). Ab dieser Zeit wird auch in Italien, Spanien und Frankreich häufig von der „Pestis inguanaria“ geschrieben, die bereits mit Schiffen von einem Land ins andre gebracht wird. Dabei zeigt sie alle Anzeichen, die sonst auch nur die ansteckendsten Krankheiten zeigen.

Die Krankheit konnte sich nämlich in allen Jahreszeiten anfangen auszubreiten. Manche Orte wurden all ihrer Bewohner beraubt, andere hingegen befiel die Krankheit leichter und ganz kurze Zeit. In Orten, die sonst unter der Krankheit gerade nicht viel litten, konnten doch einzelne Häuser durch die Krankheit ganz aussterben. Und wenn in Orten, wo die Krankheit allgemeiner herrschte, einzelne Häuser frei davon blieben, so konnten diese Häuser dann in den folgenden Jahren daran leiden.

Auch abwesende, auf Reisen befindliche Bewohner kranker Städte litten an den Orten ihres zufälligen Aufenthalts allein, ohne in diesen die Krankheit weiter zu verbreiten. Die Ausbreitung der Pest folgte wohl noch dem selben Weg wie beim ersten Ausbruch der Pest: nach Aussagen der meisten Reisenden nähern sich die verheerendsten Pestepidemien immer von Ägypten aus der Küste Syriens und verbreiten sich von da aus in Richtung Westen.

560-561: Krankheiten

In Italien und Cilicien (antike Bezeichnung der türkischen Mittelmeerregion) brachen verschiedene Krankheiten aus. Diese werden aber immer als „Pestilenzen“ und nicht als „Pestis inguinaria“ aufgeführt.

565: Pest in Mitteleuropa

Die Pestis inguinaria erscheint in Italien und Gallien erst im Jahr 565 – also 7,5 Jahre nach der zweiten Pestwelle. Von dort breitete sie sich bis in die nördlichsten Gegenden aus, jedoch so, dass sie auch an den entlegendsten allemannischen und bojoarischen Grenzen immer nur die dort befindlichen Römer befiel.

566: Wiederkehr der Beulenpest

In diesem Jahr gab es ein erneutes Aufkommen der Pestis inguinaria.

In den Leisten oder unter den Achseln der Erkrankten fingen die Drüsen an zu schwellen bis auf die Größe einer Nuss oder Dattel. Dabei entstand eine unerträgliche Fieberhitze und die Kranken verloren ihre Besinnung. Der Tod folgte meistens schon am dritten Tag der Erkrankung. Wer jedoch diesen Tag überstand, hatte große Chancen, die Beulenpest zu überstehen und mit dem Leben davon zu kommen.

Wohin man blickte, sah man nichts als Trauer. Der Schrecken war so groß, dass auf die Nachricht vom Ausbruch der Krankheit sich alles auf die Flucht begab, so dass der Sohn die Leiche des Vaters unbegraben ließ und die Eltern ihre Kinder vergaßen. Wer aber die Pflichten um seine Kinder wahrnahm, der konnte dies mit dem Leben büßen.

Die Beulenpest löscht ganze Landstriche aus

Da die Flucht vor der Krankheit so eilig geschah, dass die Fliehenden alles – selbst das Vieh in den Ställen – zurück ließen, so konnte es geschehen, dass gut bevölkerte Orte schnell menschenleer wurden. Dadurch entstand eine Stille, wie man sie sich nur vorstellen konnte zu der Zeit, bevor der Mensch die Erde besiedelte. Auch die Ernte blieb unberührt und die Trauben hingen noch an den Stöcken, nachdem die Blätter schon längst abgefallen waren.

In dem darauf folgenden Winter hörte man in dicht besiedelten Gebieten ein besonderes Geräusch wie von Kriegsgetümmel in der Luft. Man sah zwar keine Kämpfenden, aber Menschen starben und die Erde war bedeckt von Leichen und Sterbenden. Und in den Wohnungen der Menschen hatten sich die Tiere breit gemacht.

569: Pocken?

Bereits im Jahr 541 brach schon eine Seuche aus, die unter dem Ausbruch von Exanthemen (pustulis et vesicis) viele Menschen wegraffte. In diesem Jahr – vier Jahre nach dem Tod von Kaiser Justinian – wird sogar schon der Name „variole“ (Variola, auf Deutsch Pocken) benutzt.

Bei einer Seuche, die Italien und Frankreich durchzog, hätten sich die Pocken nämlich zu einer Diarrhö (Durchfall) gesellt. Und was auch nicht unbeachtet gelassen werden darf, um dieselbe Zeit haben auch Krankheiten unter dem Hornvieh geherrscht, weshalb Einige glaubten, dass gleichzeitig mit den Menschen-Pocken auch die Kuh-Pocken entstanden seien.

Da jedoch über den Verlauf und die auszeichnenden Erscheinungen dieser Krankheit so wenig angegeben worden ist und nach Ducange der Ausdruck „variola“ erst von Constantinus Africanus ab dem elften Jahrhundert durchweg vorkommt, glaubt Moore, dass ein späterer Abschreiber den Ausdruck „variole“ in die Quellen eingebracht habe.

Wahrscheinlich die gleiche Pockenepidemie führt Gregorius von Tours in seinen Überlieferungen an, der diese aber knapp 10 Jahre später ansetzt: Im Jahre 575 soll erzählt er von einem für seine Frömmigkeit und seine Entsagungen berühmten Presbyter. Dieser sollte Patroclus geheißen und im heutigen Berry gelebt haben. Er soll die an „Pustulis frigoriticis“ und anderen Krankheiten Leidenden durch sein Gebet Genesung verschafft haben.

580: Pocken in Frankreich?

In diesem Jahr begann in fast ganz Gallien im August eine Dysenterie (Ruhr; eine schlimme Durchfallerkrankung), bei der die Kranken mit heftigen Kopf- und Magenschmerzen befallen wurden und eine grüne, zähe Materie erbrachen. Bei weiterem Verlauf entstanden rote Pusteln („wie Korallen“).

Mit dem Erscheinen der Pusteln verbesserte sich der Zustand der Erkrankten und man beschränkte sich bei der Behandlung auf die Anwendung von Ventosen (?). Dass es sich bei dieser Epidemie um die Pocken gehandelt haben könnte, dazu passt das begleitende Erbrechen und der Umstand, dass von dieser Krankheit hauptsächlich Kinder von ihr befallen und weggerafft wurden.

581: Bubonenpest in Narbonne

Die Stadt Narbonne in Frankreich wurde von einer Beulenpest heimgesucht. Diese durchzog alle Winkel der Stadt. Noch dazu entstand ein frieselähnlicher Ausschlag mit Beulen und Blasen, der vielen Menschen den Tod brachte. Manche Menschen aber, die sich einer sorgfältigen Kur unterzogen, konnten gerettet werden.

584: Krankheit und Viehseuche

Die im Jahr 581 ausgebrochene Krankheit herrschte in diesem Jahr immer noch! Sie war sehr verheerend und ergriff nun auch diejenigen, die zuvor der Krankheit entflohen waren und jetzt wieder zurückkehrten. Ähnliche Verheerungen richtete sie in dem albigensischen Gebiet an. Unter dem Vieh wütete ein solches Sterben, dass beinahe nichts übrig blieb.

588: Beulenpest in Marseille

Ein Wagen aus Spanien, dessen LAdung aus stark gesuchten Artikeln bestand, brachte die Beulenpest nach Marseille. Gleich zu Beginn des Ausbruchs starb eine Familie von 8 Personen komplett aus.

Doch die Krankheit verbreitete sich jetzt nicht unmittelbar weiter, sondern sie loderte erst nach einiger Zeit plötzlich wieder auf – so wie eine Feuersbrunst, die die Landschaft zerstört. Sie breitete sich bis Lyon aus und dauerte nur zwei Monate. Als aber die Flüchtlinge aus der Umgegend wieder in die Stadt zurückkehrten, wurden diese noch nachträglich von der Krankheit ergriffen.

Dieser Ausbruch fiel scheinbar in die Sommermonate, denn die Ernte ging auf dem Feld zugrunde, weil es an Menschenhänden fehlte, sie einzusammeln.

589: Pest in Rom

Die Überschwemmungen dieses Jahres hatten eine Pestepidemie in Rom zur unmittelbaren Folge. An dieser Epidemie starb auch der Papst Pelagius II. (+ 4. Februar 590). Dieser Pestepidemie herrschte eben so gewaltig auch in Avignon und Vivarais. Währenddessen dauerte immer noch das Regenwetter und die kalte Witterung an.

590 oder 591: Influenza

Auf die sieben Jahre andauernde feuchte und regnerische Witterung folgte eine ausgedehnte Trockenheit, bei der die Feldfrüchte eingingen. Bei dieser außergewöhnlichen Witterung scheint es auch so gewesen zu sein, dass von Spanien, Frankreich Italien und anderen Ländern, die die Ereignisse festhielten, Nachrichten von einer Influenza vorhanden sind. Diese Seuche verbreitete sich über Menschen und Vieh und zeichnete sich durch eine besondere Bösartigkeit aus.

An manchen Orten schien sie mehr eine Bräune gewesen zu sein; an anderen Orten, besonders in Tours und der Normandie, befiel sie die Menschen mit Kopfschmerzen. Dabei stürzten die Erkrankten besinnungslos zu Boden; am häufigsten erfolgte der plötzliche Tod dann unter Niesen und Gähnen.

Darüber hinaus wurde ein Vorfall aus Rom bekannt, den viele Schriftsteller von damals übereinstimmend überliefern: zu jener Zeit hat Papst Gregor eine Beschwörung zum Umgang mit dem Übel angeordnet. Dabei haben 80 Personen angefangen zu niesen und stürzten dann tot zu Boden. Daher soll auch die Sitte kommen, beim Niesen „Hilf dir Gott!“ zu sagen und beim Gähnen ein Kreuz zu machen.

Aber nicht nur die Menschen litten unter dieser Influenza, sondern auch alle Haustiere. Es wurden sogar zahlreiche Tiere des Feldes in den entlegendsten Gegenden tot aufgefunden.

591: Inguinal-Pest in Italien

In Ravenna, Istrien und in Oberitalien richtete die Inguinal-Pest ihre Verheerungen in demselben Verhältnis an, wie dies 30 Jahre zuvor bei ihrer ersten Erscheinung in jenen Gegenden der Fall war.

Ende des 6. Jahrhunderts: Krankheiten in Italien und Nordafrika

Nicht nur in Ravenna, sondern auch teils mehr landeinwärts bis nach Verona, teils am ganzen Seegestade und dann auch auf der Nordküste von Afrika herrschten in den letzten Jahren des sechsten Jahrhunders Krankheiten.

Das unter dem Khan Bajan auf Konstantinopel losziehende Avaren-Heer litt sehr an Krankheiten.

615: konfluierende Pocken oder Aussatz?

In Italien kam es wieder zum Ausbruch einer Krankheit. Man wird wieder an die Pocken erinnert, da mehrere von einer epidemischen Hautkrankheit sprechen, die sie mal Elephantiasis oder mal Aussatz nannten. Außerdem bemerkten die Geschichtsschreiber ausdrücklich, dass die Toten von ihren Familien nicht mehr erkannt werden konnten.

Und dadurch wird klar, dass die Rede ist von einer akuten Krankheit, bei der vielleicht noch im Moment des Todes Exantheme erschienen; vielleicht auch von den konfluierenden Pocken, die den Körper so sehr entstellen.

618: Seuche in Rom

622: Seuche in Konstantinopel und Pocken in Ägypten

In Ägypten haben die Pocken ihre Verheerungen angerichtet. Die Herkunft dieser Krankheit wird von Moore auf das Perser-Heer geschätzt, das bis nach Alexandrien vordrang. Aber dieses rückte ja über Syrien her und hatte keinen Verkehr mit den Arabern gehabt, die erst 18 oder 20 Jahre später aus ihrer Halbinsel hervorbrachen und ihre Eroberungen begannen.

639: Pest in Syrien und darüber hinaus

Auf einen Kometen folgte in diesem Jahr eine Pest in Syrien. Besonders in Medina wütete die Seuche, so dass die Araber es das Jahr der Zerstörung nannten. Gerade um jene Zeit aber eroberten die Araber unter Omar Ägypten und brachten die Pocken dort hin.

Der Geschichtsschreiber Elmacin führt in der Geschichte der Sarazenen mehrere aufeinander folgende Kalifen auf, die teilweise Pockennarben hatten, teilweise an Augenfehlern litten, die Folge der Pocken waren.

654: Pest in Konstantinopel

In den Monaten Juli, August und September herrschte eine Pest in Konstantinopel.

664: Seuche in England

Im Süden Englands breitete sich nach einer Sonnenfinsternis eine Seuche aus. Von dort aus breitete sie sich über Northumberland und Irland aus.

Der Presbyter Vighard wurde wegen der durch den Tod erledigten bischöfflichen Stühle nach Rom zu Papst Vitalianus geschickt. Dort starb er mitsamt seinen Begleitern kurz nach seiner Ankunft. Denn auch in Rom herrschte die Krankheit, die demnach allgemein über Europa verbreitet war. Auch in Ägypten soll sie gewütet haben.

676: Eine Seuche von Ägypten bis England

Eine Seuche, die sich aus dem Orient verbreitete, erstreckte sich bis nach England, wo viele Einwohner auswanderten.

679: Fleckenkrankheit in Irland

Zu jener Zeit gab es in Irland, in der Provinz Ulster, eine Hautkrankheit, die man „Bolgach“ nannte, welches Wort in Brians irländischem Wörterbuch mit „Pocken“ übersetzt wird. Doch nannte man die Pocken im 14. Jahrhundert, als sie allgemein verbreitet waren, in Irland „Galra breac“, die Fleckenkrankheit.

680: Seuche in Konstantinopel und Rom

Im Jahr 680 fielen während des berühmten „Conciliums“ über den Monotheletismus zu Konstantinopel auf einmal in großer Menge Spinnweben auf die Disputierenden. Wahrscheinlich hatte dies mit dem sogenannten „Nachsommer“ zu tun. Direkt auf dieses Ereignis breitete sich eine Seuche aus.

Diese war besonders verheerend in Rom während der drei Sommermonate Juni, Juli und August. Auch in Pavia wütete die Seuche. Die Menschen hörten während dieser Seuche ominöse Schläge gegen die Haustüren, wo doch keine Menschen anzutreffen waren.

683: Seuche in Irland

Erneut wird Irland von einer Seuche heimgesucht. Bäda erwähnt ein solch furchtbares Sterben, wodurch im Sprengel des Bischofs von Holy Island in Northumberland ganze Städte und Dörfer verödeten.

695: Beulenpest in Konstantinopel

In diesem Jahr raffte die Pest, bubonis pestis, in Konstantinopel innerhalb von vier Monaten eine große Menge an Menschen weg.

716: Pest in Konstantinopel

Konstantinopel – die Stadt, die nun schon im zweiten Jahr von den Sarazenen bedrängt wurde – litt so schrecklich an der Pest, dass drei Mal Hunderttausend Menschen in der Stadt starben.

746: Bubonenpest in Kalabrien und Sizilien

Hier brach eine Seuche aus, die sich über die Inseln und im nächsten Jahr bis Konstantinopel verbreitete. Es war die eigentliche Bubonenpest, zumindest in Konstantinopel, wo sie im Frühling anfing und im Verlauf des Sommers zu ihrer stärksten Heftigkeit gelangte. Dabei war ihr Verlauf aber so kurz, dass derjenige, welcher morgens noch eine Leiche begraben hatte, oft abends noch selbst als Leiche hinausgetragen wurde.

Wegen der unermesslichen Verheerungen dieser Bubonenpest, die ganze Häuser schnell auslöschte, sah man sich in großer Verlegenheit, wie man nur die ganzen Leichname wegschaffen sollte. Die Stadt wurde so verödet, dass sie durch Fremde wieder bevölkert werden musste.

Die Dauer der Epidemie betrug ein volles Jahr. Während dieser Zeit war das Gemüt der Menschen äußerst bedrückt und zuweilen krankhaft exaltiert (hysterisch, übertrieben).

Geheimarmee?

Viele begegneten auf der Straße Fremden, zum Teil auch fremdartigen und missgebildeten Menschen, die einen dann begleiteten und so wirkliche Gespräche entstanden. In diesen Gesprächen erfuhr man vom Tod anderer, noch lebender Personen, die aber kurz darauf starben. Andere sahen solche Gestalten in die Häuser ihrer Bekannten gehen und die dort lebenden Menschen erdrosseln oder erstechen.

771: Pestilenz in England

In Chichester allein kamen dabei 74.000 Menschen um.

774: Seuchen im Belagerungsheer

Bei der Belagerung Pavias durch Karl den Großen, litt sein Heer unter mehreren Seuchen.

784: Pest in Schottland

791: Pferdeseuche

Unter den Pferden herrschte eine so verheerende Seuche, dass nicht mal 10 % der Tiere überlebten.

800: Pestilenz

Der Winter darauf war auffallend mild gewesen und allgemein herrschte eine Seuche – nicht pestis, sondern „pestilentia“.

807: Eine Seuche verheert Fulda

809: Tierseuche unter dem Hornvieh

In diesem Jahr starb der Pippin – Sohn Karls des Großen. Als Karl von seinem Feldzug gegen die Dänen wieder nach Franken zurück kam, verbreitete sich eine Seuche unter dem Hornvieh, das mit dem Heer zog. Danach verbreitete sich diese Tierseuche im ganzen Reich Karls und wütete so heftig, dass nur manchmal ein Tier von einer ganzen Herde überlebte.

In einer Abtei gingen über Nacht 100 Tiere zugrunde und lagen am nächsten Morgen tot auf dem Boden. Ebenso krepierte der Elefant, den Kaiser Karl der Große im Jahre 802 vom König von Persien geschenkt bekommen hatte.

Eine gleichzeitige Krankheit unter den Menschen wird nicht erwähnt. Auch die Dichter sprechen nur von einer Viehseuche. Dementsprechend wird das dafür verantwortliche Virus nicht mutiert und auf den Menschen übergesprungen sein.

817: Krankheit unter den Menschen

820: Viehseuche aus Ungarn

In diesem Jahr gab es wieder eine Viehseuche, die, wie es scheint, hauptsächlich aus einem Bauchfluss bestand. Wahrscheinlich war sie die Folge des feuchten Sommers.

Man glaubt, dass diese Seuche habe sich zuerst unter dem Hornvieh der fränkisch-alemannisch-bojoarischen Armee verbreitet, die Ungarn mit Feuer und Schwert durchzog. Besonders nach dem Übergang über die Draw hatte sie sich zuerst gezeigt und sich dann über die übrigen Länder ausgebreitet.

827: Influenza

In jenem Jahr verbreitete sich eine Influenza – ein Husten, der der Pest glich.

853: Krankheiten

Regino, der Abt zu Prüm, lebte zu dieser Zeit. Er schildert Krankheiten, die im Heer des Kaisers Lothar herrschten. Lothar starb zwei Jahre später auch in Prüm.

855: Krankheiten im kaiserlichen Heer

Das kaiserliche Heer litt durch Krankheiten einen größeren Verlust, als durch die blutigste Schlacht. Es bestanden die Krankheiten jener Zeit in einer Affektion des Halses und der Brust, wobei oft schnell der Tod erfolgte (Regino.).

862: Hunger und Krankheiten

In Deutschland und anderen Gegenden Europas herrschten Hunger und Krankheiten.

863: Seuchen

In Schottland gab es eine Seuche, genau so wie unter der Arme des Kaisers Lothar II., der auch in diesem Jahr starb.

867: Krankheiten in der Armee Kaiser Ludwigs

Als Kaiser Ludwig mit seiner Streitmacht nach Kalabrien zog, litten viele Soldaten unter Dysenterie. Vielleicht hatte diese Krankheit etwas mit den beschriebenen Spinnenbissen zu tun. Aber auch noch auf der Rückkehr aus Italien starben viele aus dem Heer Lothar II. an einer Seuche. Lothar II. selbst starb am 12. August 869.

876: italienisches Fieber

Nach einigen Wetterkapriolen verbreitete sich eine Krankheit, die man italienisches Fieber nannte. Diese plagte Viele sehr mit Schmerzen der Augen und mit Husten und tötete zum Teil auch die Erkrankten.

Die Krankheit herrschte insbesondere den Rhein entlang, aber auch im Rest Deutschlands. Besonders gravierend herrschte sie unter dem Heer des Kaisers Karlmann, das aus Italien zurückkehrte. Viele der Soldaten litten unter andauerndem Husten und gaben irgendwann den Geist auf.

Diese Krankheit weist, statt auf eine gewöhnliche Influenza mehr noch auf die aus der Influenza hervorgegangenen Masern hin. Gleichzeitig gab es auch Krankheiten unter den Tieren, die sehr mörderisch waren. Dabei gibt es Hinweise darauf, dass Hunde und Vögel, die sich über die verendeten Tiere hermachten, plötzlich verschwanden. Danach wurden sie nie wieder gesehen – weder tot noch lebendig.

882: Seuche in Deutschland und Italien

Bei der Rückkehr des bayrischen Heers gab es in Noricum eine verheerende Seuche. Diese kam auch im Jahr darauf wieder und verbreitete sich zusätzlich über Italien.

886: Pferdesterben

Entweder durch den besonders strengen Winter oder durch eine Seuche starb so viel Vieh – insbesondere Pferde – dass mancherorts nur wenige Stück übrig blieben.

888: Verbreitung des Hustenfiebers

Zum zweiten Mal verbreitete sich das Hustenfieber. Vielleicht aufgrund der folgenreichen Überschwemmungen, die kurz zuvor stattfanden.

899: epidemische Krankheit vermutet

In diesem Jahr vermutet Mezeray, dass eine epidemische oder pandemische Krankheit ausgebrochen sei, da so viele Fürsten zu gleicher Zeit gestorben seien.

907: Pocken in Flandern

Prinzessin Elfride, die an einen Grafen Baldwin von Flandern verheiratet war, bekam die Pocken. Sie überstand die Krankheit aber glücklich.

922: Heiliges Feuer

In diesem Jahr herrschte die Pest in Schottland. Im Jahr darauf wurden auch im südwestlichen Frankreich 40.000 Menschen durch das Heilige Feuer (Antoniusfeuer) unter großen Qualen weggerafft.

Auch in Spanien scheint damals das gleiche Übel geherrscht zu haben. Es starb daran Don Froila, der dritte Sohn Alonso des Großen, unter unerträglichen Schmerzen. Dort wurde diese Krankheit aber schon früh zum Aussatz gezählt. In Deutschland wurde das Antoniusfeuer erst später als eine Form des Aussatzes gesehen.

927: Influenza

Dem gewaltigen Sturm folgte ein Fieber, dessen Haupterscheinung ein Husten war. Dieses Fieber verbreitete sich in ganz Gallien und Deutschland und raffte einige Menschen dahin.

Dieses Vorkommen einer Influenza ist um so beachtenswerter, als daraus auch der seculaire Typus der Krankheit erwiesen wird, da ja gerade im Jahr 827 dieselbe Krankheit vorkam.

 


Quelle:

Dr. Friedrich Schnurrer: Die Krankheiten des Menschengeschlechts historisch und geographisch betrachtet: Der historischen Abtheilung… Theil. Vom Anfang der Geschichte bis in die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, Band 1, Tübingen: Osiander Verlag, 1823


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