Aus den Schriften der Kirchenväter wissen wir, dass die Geistlichen in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt hauptsächlich die Katechumenen lernten und lehrten. Das Katechumenat ist das Lernen und Vorbereiten auf die Aufnahme in die Kirche, die durch die Taufe vollendet wird. Diese Vorbereitungsphase dauerte zwei bis drei Jahre und die Unterweisung in die christliche Lehre wurde auch nach dem Empfang der Taufe fortgesetzt. Dies war wohl die erste Form schulähnlicher Bildung im Abendland, die trotzdem noch nicht viel gemeinsam mit unserer heutigen Schulbildung hatte.
Am Anfang gibt es nur christlichen Unterricht
Damals, in den ersten Jahrhunderten, waren es meistens Erwachsene, die in die Kirche eintraten und dementsprechend für die Taufe lernen mussten. Aber bereits im vierten und fünften Jahrhundert änderte sich dies und in den abendländischen Klöstern wurden hauptsächlich Kinder unterrichtet. Zusammen mit dem Religionsunterricht (Katechumenat) wurden sie von den Mönchen meist noch im Schreiben und Lesen unterrichtet.
Kaiser Justinian schloss im sechsten Jahrhundert alle heidnischen Bildungsanstalten im Abendland und errichtete dafür christliche Klosterschulen. Aber zur Völkerwanderungszeit und im frühen Mittelalter konnten die Mönche im Abendland wenig für die allgemeine Bildung ihrer Schüler leisten und konzentrierten sich daher fast ausschließlich auf das Lehren des Glaubens und der Verhaltensregeln.
In Deutschland – bzw. in den heute deutschsprachigen Gebieten – legten die Mönche folgender Klosterschulen besonders viel Wert auf Bildung und machten sich damit einen Namen:
- St. Gallen
- Fulda
- Hersfeld
- Weißenburg
- Reichenau
- St. Emmeran in Regensburg
- Weltenburg an der Donau
- Weihenstephan bei Freising
- Chiemsee
- Tegernsee
- Messobrunn
- Benediktbeuren
Weitere Unterrichtsfächer werden durchgesetzt
Um das Jahr 800 sorgte Karl der Große dafür, dass noch mehr Schulen an bischöflichen Kirchen und in Klöstern gegründet wurden, wo vor Allem die Heilige Schrift und die wichtigsten Wissenschaften gelehrt wurden. Er ließ sogar griechische Gelehrte, die in sein Reich kamen, in verschiedene Abteien versetzen, damit sie dort ihre Landessprache lehrten.
Ähnliche Verordnungen, wie Kaiser Karl der Große sie für sein Reich durchsetze, ließ auch der Papst für die gesamte Kirche umsetzen. Die Kirchenversammlung zu Mainz im Jahre 813 befahl, die Kinder zur Schule zu schicken, entweder in die Klöster oder zu den Pfarrern, damit sie in der Religion unterrichtet wurden. Papst Eugenius II. verfügte auf dem in Rom im Jahre 826 abgehaltenen Konzil:
„Wir vernehmen, dass an einige Orten keine Lehrer sich befinden und der Unterricht vernachlässigt wird. Darum befehlen wir, dass an allen Bischofssitzen und den ihnen unterstellten Pfarrgemeinden, sowie an anderen Orten Lehrer angestellt werden, die in den freien Künsten und den Heilslehren fleißig Unterricht erteilen.“
Inhalt des Unterrichts
Die Klosterschulen wurde in diesem Zeitraum noch fast ausschließlich von den Benediktinern unterhalten. Inhalt des Unterrichts waren zwei Kurse: das Trivium und das Quadrivium. Diese Aufteilung hatte sich schon in den letzten Zügen des Römischen Reiches ausgebildet.
Das Trivium umfasste:
- Grammatik (lateinische Sprachkunde)
- Dialektik (Denklehre)
- Rhetorik (Redekunst)
Die Klassen des Triviums hießen Trivialschulen und wurden als die unteren Schulen der Gelehrsamkeit betrachtet, daher benutzen wir das Wort „trivial“ auch heute noch für etwas „Gewöhnliches, Einfaches“.
Dem Quadrivium gehörten dahingegen die vier höheren Wissenschaften an:
- Musik
- Arithmetik (Zahlenlehre)
- Geometrie (Raumlehre)
- Astronomie (Sternkunde)
Diese sieben Wissenschaften des Triviums und des Quadriviums betrachtete man als den Inbegriff aller höheren Gelehrsamkeit und nannte sie die sieben freien Künste, weil sie nur von frei Geborenen erlernt wurden. Außer solchen höheren Unterrichtsanstalten gab es auch schon damals Pfarrschulen, in denen die Kinder umsonst unterrichtet und erzogen wurden. Dies wurde unter Anderem von Theodulf vorangetrieben, als er Bischof von Orleans geworden war, denn er befahl seinen Geistlichen, sich in den Dörfern und auf den Höfen der Unterrichtung der Jugend anzunehmen.
Bücher für den Unterricht
Der Unterricht war meist mündlich, Bücher wurden kaum gebraucht, weil sie nur selten überhaupt vorhanden waren. Denn die Buchdruckerkunst wurde erst einige Jahrhunderte später erfunden. Alkuin bat einmal Karl den Großen, einige seiner Schüler aus Tours nach England schicken zu dürfen, damit sie von dort die nötigen Bücher holten. Nur mit Mühe konnten kleinere Bibliotheken angelegt werden. Es musste Werk um Werk abgeschrieben und die Vorlage oft in weiter Ferne gesucht und entliehen werden. So wurden zwei Schriften des heiligen Ambrosius von Tours nach Salzburg gebracht.
Eine bedeutende Büchersammlung befand sich im Palast Karls des Großen in Aachen. Sie bestand aus den Handschriften der Heiligen Schrift und der griechischen und römischen Schriftsteller, die er meist in Italien hatte ankaufen lassen. In seinen Dom- und Klosterschulen wurden sie dann abgeschrieben. Zum Schreiben bediente man sich überall der runden lateinischen Buchstaben, die aer im Verlauf der Zeit eckig wurden, eine Schreibweise, die man Mönchsschrift nennt. Aus der eckigen lateinischen Mönchsschrift ist in Deutschland die Frakturschrift entstanden; fast alle übrigen europäischen Völker haben die runde lateinische Schrift beibehalten.
Quelle:
- Enck, Dr. August und Huyskens, Dr. Victor: Annegarns Weltgeschichte. In acht Bänden. Neunte Auflage. Vierter Band. Geschichte des Mittelalters. Erster Teil. S. 164f. Verlag der Theissingschen Buchhandlung. Münster, i. W., 1904.