Die Entstehung des ersten Kreuzzuges

Pilgerreisen nach Jerusalem

Schon vor Karl dem Großen pflegten häufig fromme Christen nach Palästina zur Stadt Jerusalem zu wallfahren; und dort auf dem heiligen Grab ihre Andacht zu verrichten. Sie wollten das Land sehen, wo der Heiland der Welt geboren war, wo er gewandelt, gelehrt, gelitten und so viele Wunder verrichtet hatte. Die Orte, die von seinem Fuß betreten worden waren, sollten sie lebendiger an ihn erinnern. Und sie zu höherem Glauben und neuer Andacht entflammen.

Die Araber, die im Besitz des heiligen Landes waren, ließen das gerne geschehen, denn sie hatten ihren Vorteil von dem Geld, das ihnen die Pilger mitbrachten. Sie duldeten sogar einen christlichen Patriarchen in Jerusalem. Ganz anders aber wurde es unter den rohen und wilden Türken, von denen das Herrscherhaus der Artuqiden für eine kurze Zeit eine unabhängige Herrschaft in Jerusalem sich angemaßt hatte. Während dieser Zeit behandelten sie die in Jerusalem wohnenden und nach Jerusalem pilgernden Christen mit großer Härte.

Inhalt

Peter der Einsiedler kehrt entsetzt zurück nach Rom

Unter denen, die teils einzeln, teils scharenweise, zum heiligen Land wollten, befand sich auch ein frommer, französischer Schwärmer: Peter der Einsiedler. Er war aus Amiens in der Picardie. Als er nach Jerusalem kam, warn schon die Türken im Besitz der Stadt und er musste mit ansehen und selbst erfahren, wie unfreundlich sie den Christen begegneten, wie sie sie misshandelten, verspotteten, ihre Andacht störten und die heiligen Orte entweihten. Sein Innerstes empörte sich bei diesen Gräuel und mit blutendem Herzen verließ er das Land, wo sie begangen wurden. Seine glühende Fantasie war wachend und im Traum damit beschäftigt. Ihm war, als ob der Herr Christus vor ihm stände und ihn ermahnte, die ganze Welt aufzubieten, sein Andenken an den Ungläubigen zu rächen.

Peter hetzt gegen die Türken

So schiffte er hinüber nach Italien und erschien wehklagend vor dem heiligen Vater, Papst Urban II. Er sprach mit solcher Beredsamkeit und machte eine so lebendige und rührende Schilderung von der Entweihung der heiligsten Orte, der Grausamkeit der Türken, dem Elend und der Schmach der Pilger, dass Urban ihn mit großer Aufmerksamkeit anhörte. Schon sein Vorgänger, Gregor VII., hatte den Gedanken gehabt, die christlichen Fürsten gegen die Ungläubigen zu Felde zu schicken und diese aus Palästina vertreiben zu lassen; seine Zeiten waren aber nicht ruhig genug dazu.

Nun aber, da sein Nachfolger den hoch begeisterten Peter reden hörte, dachte er in seinem Herzen, jetzt sei der Augenblick gekommen und dies sei ein Mann, wie er ihn brauche. Er lobte seinen Eifer und versprach ihm Unterstützung. „Gehe hin, mein Sohn“, sagte er, „und wandle von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf; erzähle was du gesehen hast, erwärme die kalten Herzen mit deiner glühenden Beredsamkeit und der Himmel wird seinen Segen zu unseren Bemühungen geben.“

Da setzte sich Peter der Einsiedler barfuß und mit entblößtem Haupt auf einen Esel, umgürtete seinen von Hunger und Strapazen ausgetrockneten Leib mit einem Strick, nahm ein Kruzifix in die Hand und ritt von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, wie ihm der heilige Vater geboten hatte. Er erzählte von seiner Reise nach Jerusalem, schilderte die Lage der Christen in dem gelobten Land und predigte mit flammenden Augen und hinreißender Beredsamkeit Krieg und Rache gegen die Türken. Alles horchte aufmerksam seiner Rede und entbrannte in heiligem Grimm gegen die Muselmänner.

Papst Urban II. hetzt gegen die Ungläubigen

Bald darauf versammelte Papst Urban (März 1095) bei Piacenza auf freiem Feld eine Kirchenversammlung, bei der über 30.000 Menschen anwesend waren. Alle waren gerührt von den Reden, die da gehalten wurden, aber niemand zückte das Schwert. Eine zweite solche Versammlung schrieb er im August 1095 nach Clermont, in der französischen Landschaft, Auvergne, aus. Hier lief es anders. Die Italiener hatten bei der Rede des Papstes geweint; die feurigen Franzosen ballten die Faust.

Alle schrien: „Deus lo vult!“ (Gott will es! Gott will es!) Da versprach der heilige Vater jedem, der gegen die Ungläubigen in den Krieg ziehen würde, Vergebung der Sünden, einen offenen Himmel, Gnade bei Gott und reiche Beute auf Erden. Eine Menge müßiger und kampflustiger Edelleute waren sogleich entschlossen. Schon hatte der Papst einen Gesandten ernannt, der den Heereszug begleiten sollte.

bild 87: Gott will es! Kreuzzugsaufruf

Bild 87: „Gott will es!“ Der Aufruf zum ersten Kreuzzug in Frankreich. Nach einem Gemälde von A. Banaise.

Aufbruch zum Kreuzzug

Der Papst ließ den Heeresführer nieder knien und heftete ihm eigenhändig ein rotes, wollenes Kreuz auf die Schulter. Alle die ihm folgen wollten, zeichneten sich ebenso mit einem Kreuz, deswegen erhielten sie den Namen Kreuzfahrer.

Die bedeutendsten Teilnehmer am ersten Kreuzzug waren Graf Raymund von Toulouse, Graf Hugo von Bermandois, der Bruder König Philipps I. von Frankreich, Herzog Robert von der Normandie, Graf Robert von Flandern, Graf Roger von Foir und Graf Gottfried von Bologne oder Bouillon mit seinen Brüdern Balduin und Eustachius und von Tag zu Tag vergrößerte sich ihre Zahl. Dies war im Jahr 1095. Wer kein Geld hatte zu der weiten Reise, der verkaufte sein Schloss, seine Feldgüter, seine fahrende Habe an die Klöster und Abteien, die sie für einen Spottpreis an sich brachten und sich auf solche Weise ungemein bereicherten. Wer zu arm war, den Zug auf eigene Kosten zu unternehmen, der schloss sich als Stallmeister oder Waffenträger einem reicheren Ritter an.

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