Todesopfer

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Opferzahlen

Die Verheerungen, die der schwarze Tod verursachte, stehen in der Geschichte der Epidemien ohne Beispiel da. Es scheint uns, dass z. B. die durch die Cholera bewirkte Sterblichkeit, mit der des schwarzen Todes verglichen, unbedeutend ist. Wenn auch die meisten Aussagen übertrieben sind, gibt es noch glaubwürdige Berichte, nach denen in vielen Gegenden ein Drittel, in manchen sogar die Hälfte der Bewohner oder mehr hinweggerafft wurden.

In Europa wütete die Seuche am furchtbarsten in Italien. Nach zuverlässigen Angaben verlor dieses schöne Land im Schnitt die Hälfte seiner Bewohner. Gesichert scheint, dass an vielen Orten, z. B. in Padua, zwei Drittel der Einwohner starben, und dass die gleichen Todeszahlen auf Sardinien und auf Korsika eintraten.

Nicht weniger entsetzlich waren die Verheerungen, die Spanien heimsuchten. Die Insel Mallorca verlor vier Fünftel ihrer Bewohner: 15.000 Menschen. Zurita berichtet, dass von hundert Erkrankten achtzig starben. Andere spanische Geschichtsschreiber, Mendez Silva und Sarmiento, die Morejón anführt, sagen, dass seit der Sintflut kein so großes Sterben herrschte. Das Land verödete, die Kirchen wurden zu Ruinen, weil Niemand da war, der für ihre Erhaltung sorgte. Weite Landesstrecken wurden herrenlos und von dem Erstbesten in Besitz genommen.

Ähnliches begab sich in Frankreich. Hier blieb an einzelnen Orten nur ein Zehntel der Bewohner am Leben; kleinere Wohnplätze starben nicht selten völlig aus. In Avignon war die Sterblichkeit so groß, dass man sich entschloss, die Leichen der Rhone zu übergeben, die Clemens VI. zu diesem Zweck feierlich weihte. In Marseille starb mehr als die Hälfte der Einwohner. In Straßburg starben, obwohl die Krankheit hier schwächer auftrat, 16.000 Menschen.

Das gleiche Bild bietet sich in England, wobei schon berichtet wurde, dass die gebirgigen Gegenden Irlands weniger litten. Auch in der Schweiz geschieht die Seuche vorzugsweise in den tieferen Gegenden, Basel, Zürich, Luzern und eine Angabe aus diesem Land, die Seuche hätte mehr in den höheren Gegenden geherrscht, ist nur vereinzelt zu finden.

Auf ähnliche Ursachen ist es vllt. Zurückzuführen, dass Deutschland, wie ein französischer Chronist bemerkt, verhältnismäßig weniger litt. Damit stimmt überein, dass die Chronik des Klosters Neuburg an der Donau die durch den schwarzen Tod bewirkte Sterblichkeit auf ein Drittel der Bevölkerung schätzt; Gmeiner dagegen gibt für Bayern durchschnittlich nur ein Achtel der Bevölkerung an, wobei trotzdem einige Dörfer ausstarben. Genau so Grauen erregend wie in Südeuropa, war dagegen die Verheerung des schwarzen Todes im Norden Deutschlands. In Holstein starben zwei Drittel, in Schleswig vier Fünftel der Einwohner.

Die Gesamtzahl der Opfer beläuft sich nach heutigen Forschungen (2009) auf ein Drittel der gesamten damaligen Bevölkerung Europas, das sind 25 Millionen Menschen, wenn man davon ausgeht, dass in allen Ländern Europas zusammen etwa 75 Millionen Menschen gelebt haben. Diese Zahl ist ein Durchschnittswert, es darf also nicht übersehen werden, dass in manchen Gegenden mehr und ich manchen Gegenden weniger Menschen starben, wie z. B. in den gebirgigen Gegenden.

Dennoch könnten wir kaum erklären, wie diese Verluste in so kurzer Zeit wieder ersetzt werden konnten, wenn nicht schon damals allgemein beobachtet worden wäre, dass die in sehr großer Zahl nach der Epidemie geschlossenen Ehen überaus fruchtbar waren, und dass sehr häufig Zwillingsgeburten vorkamen und somit in kurzer Zeit die Verluste wieder ausgeglichen wurde.

Aufstellung der Pesttoten aus den Quellen

In Italien

– Florenz 6.000
– Venedig 100.000
– Siena 70.000
– Neapel 60.000

In Frankreich

– Avignon 60.000
– St. Denis 16.000
– Paris 50.000

In England

– London über 100.000
– Norwich 50.100

Im damaligen Deutschland

– Luzern 3.000
– Basel 14.000
– Straßburg 16.000
– Colmar 6.000
– Erfurt über 16.000
– Weimar 5.000
– Limburg 2.500
– Memmingen 2070
– Wien 40.000
– Lübeck 9.000
– Danzig 13.000
– Thorn 4.300
– Elbing 7.000

Dazu kommen noch:

– Minoriten in Italien 30.000
– Barfüßermönche in Deutschland 124.434

Sehr interessant ist noch der von Chalin de Vinario aufgestellte Vergleich der Sterblichkeit durch die Pest im Laufe der Zeit.

Im Jahre 1348 erkrankten von der Bevölkerung zwei Drittel an der Pest. Davon überstand fast Keiner die Krankheit.

Im Jahre 1361 erkrankte von der Bevölkerung die Hälfte an der Pest. Davon überstanden nur Wenige die Krankheit.

Im Jahre 1371 erkrankte von der Bevölkerung ein Zehntel an der Pest. Davon überstanden Viele die Krankheit.

Im Jahre 1382 erkrankte von der Bevölkerung ein Zwanzigstel an der Pest. Davon überstanden die Meisten die Krankheit.

Man erkennt aus den vorangegangenen Texten also zwei Tendenzen, die die Menschen nur durch Beobachtung herausgefunden hatten:

Erstens: In gebirgigen Gegenden starben weniger Menschen, im Mittelmeerraum mehr. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Menschen im Gebirge nicht so dicht gedrängt lebten.

Zweitens: Im Laufe der großen Pestepidemie starben, nach obiger Aufstellung, immer weniger Menschen an der Pest und immer mehr überstanden die Krankheit. Es scheint so, als hatten manche Menschen von vornherein eine Immunität gegen den Pesterreger. Diese Menschen überstanden die verschiedenen Pestschübe, während die „nicht Immunen“ starben. Und am Ende gab es hauptsächlich noch Immune, so dass auch weniger Menschen starben.

Quelle:

  • Heinrich Haeser: Lehrbuch der Geschichte der Medicin und der Volksrankheiten, ab Seite 262, Jena: Friedrich Mauke Verlag, 1845.

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