Einführung
Die Völker im Innern von Deutschland waren im 8. Jahrhundert beinahe noch ganz dem Götzendienst ergeben. Sie hatten Götzentempel und heilige Eichen, unter denen sie ihren Göttern opferten und besonders ihrem Kriegsgott Wodan zu Ehren öfters Gefangene schlachteten.
St. Kilian und St. Emmeran
Wie Karl der Große die heidnischen Sachsen mit dem Schwert zur christlichen Religion bekehrte, und sie haufenweise zur Taufe in die Flüsse treiben ließ, habe ich euch schon erzählt. Es traten aber viele fromme Männer auf, die edlere und bessere Mittel anwandten, nämlich den Weg der Überzeugung durch Belehrung und Ermahnungen. So predigte der heilige Emmeran, ein französischer Geistlicher, das Evangelium in Bayern, der heilige Kilian aber in Franken. Zu Regensburg ist noch eine Abtei, die den Namen des heiligen Emmeran führt; und dem heiligen Kilian zu Ehren wird jährlich zu Würzburg, am 8. Juli, eine feierliche Prozession zur Domkirche gehalten, wo derselbe begraben liegt.
Winfried oder Bonifacius
Der berühmteste aber unter allen Heidenbekehrern im Land unserer Vorfahren war Winfried, ebenfalls ein englischer Mönch, der in der Folge den Namen Bonifacius annahm, und allgemein der Apostel der Deutschen genannt wurde.
Im Jahre 718 reiste er nach Rom, wo ihn der damalige Papst Gregor II. in seinem Vorsatz, das Evangelium im Innern von Deutschland zu predigen, kräftig bestärkte. Darauf fing Bonifacius sein Lehramt erst in Thüringen und Bayern an, bekehrte die Heiden, so viel er konnte und zerstörte ihre Götzenaltäre. Dann ging er nach Friesland, nach Hessen und Sachsen.
Bonifacius zerstört die Donnereiche
Im Hessischen, bei der Stadt Hof Geismar, stand damals noch eine große heilige Eiche, die Donnereiche genannt, unter welcher die heidnischen Bewohner jener Gegend ihren Götzen opferten. Bonifacius wollte diesen Baum nicht länger dulden, und verlangte, dass die neu bekehrten Christen ihn fällen sollten. Aber keiner fühlte Mut dazu, denn die furcht vor ihren Götzen hatte so tiefe Wurzeln bei ihnen geschlagen, dass sie immer noch glaubten, sie würden auf der Stelle niedergedonnert werden, wenn sie die heilige Eiche verletzten. Als Bonifacius das sah, ergriff er selbst eine Axt, und ließ nicht nach, bis der Baum fiel. Zitternd sahen ihm die erschrockenen Deutschen zu, und jeden Augenblick schauten sie auf, ob nicht ein Blitz durch die Luft zuckte, den Frevler zu zerschmettern; aber kein Gott nahm sich der Eiche an; sie stürzte, und Bonifacius blieb unverletzt. Durch diese mutige Tat stieg der Glaube an ihn; die Götzen verloren ihr Ansehen, und viele Heiden ließen sich taufen.
Bonifacius‘ Rückkehr nach Deutschland
Bis jetzt hieß Bonifacius noch Winfried. Nun wurde er aber von Papst Gregor III. 738 zum zweiten Mal nach Rom berufen, und zur Belohnung seines Bekehrungseifers zum Bischof ernannt; jetzt erst nahm er den verdienten Namen Bonifacius, das heißt Wohltäter, an.
Er kehrte zurück nach Deutschland, und errichtete in Hessen viele Kirchen und Klöster. Alle neuen Gemeinden wurden von ihm dem römischen Stuhl untergeordnet. Dafür wurde Bonifacius bald darauf zum Erzbischof von Mainz, und zum Oberhaupt der deutschen Geistlichkeit ernannt. Sein Eifer ließ nicht nach. Er errichtete Bistümer zu Freisingen, zu Regensburg, zu Salzburg, zu Passau, zu Würzburg und zu Eichstätt.
Bonifacius‘ Tod
Wie er Pippin den Kurzen zum König der Franken weihte, habe ich euch schon erzählt. Noch vorher, 744, stiftete er die Abtei zu Fulda. Hierauf unternahm er eine neue Bekehrungsreise zu den Friesen, von der er aber nicht mehr zurück kommen sollte. In der Gegend der Stadt Leuwarden, wo er Zelte hatte aufschlagen lassen, wurde er während dem Messe lesen, in der einen Hand das Evangeliumbuch, in der anderen ein Kruzifix haltend, von den heidnischen Friesen überfallen, und mit allen seinen Begleitern erschlagen. So endete Bonifacius’ Leben im 75sten Jahr seines Alters, 755. Sein Leichnam wurde erst nach Utrecht, dann nach Mainz, endlich nach Fulda gebracht, wo man noch jetzt auf einem freien Platz sein Grab mit zwei Spitzsäulen verziert sieht.
Quelle:
also im Frühmittelalter von „unserem deutschen Vaterland“ zu sprechen, das halte ich für etwas verklärt und unpassend. Historisch gesehen – 6.